Salzburg – Ein rotes Dixi-Klo in einer Kunstgalerie. Kein sanitärer Totalschaden, sondern ein Readymade des Künstlers Andreas Slominski. 2012 hat Slominski die Bedürfnisanlage in seiner Berliner Galerie platziert. Ob man das Objekt – perfide war insbesondere die Installation des Klosettpapierhalters im Nebensaal – benützen durfte, ist nicht überliefert, sehr wohl aber sein Titel: Ecce homo – "Siehe, der Mensch".

Der katholische Mob könnte darob getobt haben – und vermutlich hätte diese Arbeit also wenig nach Salzburg gepasst. Und hinter Mönchsberg und Festung, wo Salzburg zur stillen Grünoase wird – genauer gesagt auf dem Krauthügel, den die Salzburg Foundation seit 2014 mit wechselnden Skulpturprojekten bespielt -, hätte sich das mit der Notdurft spielende Humorpotenzial obendrein schwer entfalten können.

Eine Straße als Wolkenkuckucksheim: Es ist nicht schwer, Andreas Slominskis Skulpturen auf dem Krauthügel im Hinblick auf Verkehrspolitik und hitzige Mönchsberggaragen-Diskussionen zu lesen.
Foto: Anne Katrin Feßler

Denn spätestens dann, wenn sich hier im Zuge des womöglich doch noch irgendwann beginnenden Ausbaus der Mönchsberggarage Baustellencharme ausbreiten würde, könnte so ein temporäres Toilettenhäuschen nur noch wenig irritieren. Rein theoretisch. Denn freilich hat niemand daran gedacht, hier so ein Dixi-Dings abzuseilen, Slominskis mit Asshole's Garage (2009) beschriftetes Garagentor aufzustellen oder seine 2005 im Londoner Hyde Park errichtete Skipiste (Kerze) zu reinstallieren. Schließlich hat Slominski (geb. 1959 in Meppen) für Salzburg etwas ganz Neues entwickelt.

Quäntchen Bösartigkeit

Aber man weiß jetzt zumindest, wie der an der Hamburger Kunsthochschule lehrende Spaßvogel tickt und mit welchen Skurrilitäten, Absurditäten und Irrsinnigkeiten so ungefähr zu rechnen ist. Und tatsächlich erwartet man mit hämischer Vorfreude das Quäntchen Bösartigkeit, das in seinen Arbeiten stets mitschwingt – um dann Slominski trotzdem voll auf den Leim zu gehen.

Denn als Kunstnaseweis marschiert man schnurstracks über die saftige Wiese auf die Straße zu, die sich da senkrecht ins wölkchenverzierte Himmelblau geklappt hat. Eine asphaltgraue, jedoch ungeteerte Zone 30, samt Überholstreifen und Kanaldeckeln. Das Wegstück ist allerdings zum Oval gerollt, sodass man Runde um Runde drehen kann, ohne nur ein Stück weiterzukommen. Manch Stadtpolitiker wird das an die Garagendiskussion erinnern; dort macht man auch keinen Meter. Und so ähnlich kann man auch den eingerollten roten Radweg interpretieren: Auch einen Radtunnel wird es nicht geben.

Tradition und Taugenichts

Vorbeigelatscht ist man in der Freude über die durchaus stachelige Intervention hingegen an dem landwirtschaftlichen Gerät, das den Städter in dieser ländlich anmutenden Beschaulichkeit wenig irritiert. Aufgeladen hat das altmodische, sonnengelbe Vehikel nämlich eine ordentliche Menge Rüben. Und der echte Salzburger weiß, was das heißt: Dem faulen Taugenichts konnte es im Land Salzburg nämlich passieren, mit den durchaus kiloschweren Rüben beworfen zu werden. So will es jedenfalls eine Geschichte über Leonhard von Keutschach.

Als Jugendlicher sei der spätere Fürsterzbischof, der von 1495 bis 1519 oben auf der Festung residierte, wenig fleißig, aber um freche Antworten nicht verlegen gewesen. Weshalb sein Onkel einmal nach den Rüben auf dem Feld griff. Der derart Geläuterte habe dann in dankbarer Erinnerung an den gutgemeinten Rat die Rübe in sein Wappen aufgenommen.

In Wahrheit stand die Rübe im Wappen jedoch für Reichtum und Wohlstand. Aber was will man ausrichten gegen liebevoll gehegte Legenden und gegen Traditionen, hier hinterm Mönchsberg. (Anne Katrin Feßler, 12.5.2016)

Laufzeit des Projekts: bis 30. 9.

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Salzburg Foundation

Foto: APA/Gindl
©Salzburg Foundation, Foto: Manfred Siebinger
©Salzburg Foundation, Foto: Manfred Siebinger