Bild nicht mehr verfügbar.

Recep Tayyip Erdogan und Martin Schulz im Oktober 2015 bei einem Treffen in Brüssel. Letzterer übt derzeit an Ersterem Kritik.

Foto: REUTERS/Francois Lenoir

Berlin – Zur Umsetzung der geplanten Visafreiheit für Türken fehlt dem EU-Parlamentspräsidenten Martin Schulz derzeit die Voraussetzung. "Sie ist zumindest bis Juli nicht im Parlament verabschiedet", sagte Schulz am Mittwoch im Deutschlandfunk. Es sei "absolut außerhalb jeder Diskussion", dass die Abgeordneten Beratungen über ein Vorhaben beginnen würden, für das die Voraussetzungen fehlten.

Er habe deswegen das Entwurfspaket für die EU-Vereinbarung mit der Türkei für die Visa-Liberalisierung nicht an den zuständigen Ausschuss weitergeleitet. Rein zeitlich sei zwar noch alles möglich. Aber die Türkei habe die von ihr geforderten Änderungen noch gar nicht eingeleitet. "Ich sehe nicht, wie die Türkei das noch schaffen kann", sagte er.

Mögliche Zeitplanänderungen

Laut Schulz geht es bei den aktuellen Problemen um zwei der Kern-Voraussetzungen, die von der Türkei geforderte Reform ihrer Anti-Terrorgesetze und Änderungen beim Datenschutz, die noch offen sind. Die Türkei müsse aber alle 72 geforderten Kriterien für die Visafreiheit erfüllen. "Meine Aufgabe ist es, zu prüfen, ob die rechtlichen Voraussetzungen für die Beratungen im Parlament erfüllt sind", sagte er. "Mein Ergebnis ist, dass sie nicht erfüllt sind." Er werde im Tagesverlauf den türkischen Europaminister treffen, um über die Lage zu sprechen und auch darüber, ob die Zeitpläne angepasst werden könnten, vielleicht mit Datum Oktober.

Schulz nannte es "erstaunlich", dass der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan, dessen Amt vornehmlich ein repräsentatives sei, das Handeln an sich gerissen habe. Dass die Türkei als Konsequenz aus dem Streit wieder mehr Flüchtlingen die Einreise in die EU ermögliche, glaubt Schulz nicht. Es gebe eine umfassende Vereinbarung zwischen beiden Seiten, die nun nicht einfach wieder aufgekündigt werden könne. "So kann man in der internationalen Politik nicht verfahren und ich glaube auch nicht, dass die Türkei so verfahren wird", sagte er. Das könnte nämlich auch für sie Konsequenzen haben.

Keine Abhängigkeit

Österreichs Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) hat derweil davor gewarnt, sich durch den Flüchtlingsdeal in "Abhängigkeit" von der Türkei zu begeben. Zugleich betonte Kurz bei einer Pressekonferenz mit seinem griechischen Amtskollegen Nikos Kotzias am Mittwoch, der Deal und das Schließen der Westbalkan-Route hätten geholfen, den "Zustrom zu reduzieren".

Kotzias sagte, es müsse nun auf die "inneren Entwicklungen" in der Türkei nach der Ankündigung zum Rückzug von Regierungschef Ahmet Davutoglu geachtet werden. Er hoffe, dass es "keine negativen Auswirkungen" auf den Flüchtlingsdeal gebe.

Ankara: Keine Änderungen

Derweil hat Ankara erneut ausgeschlossen, das umstrittene Anti-Terror-Gesetz zu ändern. Dieses entspreche ohnehin schon den EU-Standards, eine Änderung sei damit nicht nötig und auch nicht akzeptabel, sagte Europaminister Volkan Bozkir dem Sender NTV in Straßburg. (APA, red, 11.5.2016)