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Am häufigsten kommt der 40-Fuß-Container vor: Weltweit sind 15 Millionen Exemplare im Einsatz.

Foto: AP / Fabian Bimmer

Wien – Als am 26. April 1956 in Newark 58 Metallbehälter auf einen umgebauten Tanker geladen werden, startet eine Revolution: Die Ideal X sticht in See, und die erste Fahrt eines Containerschiffs beginnt. Die internationale Transportwirtschaft sollte nicht mehr so sein, wie sie einmal war.

Die Idee des US-amerikanischen Spediteurs Malcom McLean war deshalb so folgenreich, weil sie die Abläufe in den Häfen massiv beschleunigte und damit Kosten sparte: Ladegut musste nicht mehr in Säcken und Kisten einzeln ins Schiff gehievt und gesichert werden. Waren brauchten nicht länger in Lagerhallen auf ihren Abtransport warten, sondern konnten gleich weiterverschifft werden.

Vorher löschte eine Mannschaft von 18 Mann in acht Stunden 80 Tonnen, jetzt aber bewegte eine nur halb so große Crew 2000 Tonnen bei gleichem Zeitaufwand. Ein herkömmlicher Frachter wurde nun in einem Viertel der üblichen Dauer geleert.

"Wenn man die Zahlen vergleicht, wird deutlich, dass durch dieses System die Kosten des Umschlags nachhaltig gesenkt werden konnten", analysiert Florian Ehrentraut vom Institut für Technische Logistik an der TU Graz.

Erfolg durch Vietnamkrieg

Dennoch war die Skepsis anfangs groß: McLean hatte seine Idee im Alleingang umgesetzt, Partner ließen sich dafür nicht finden. Etabliert wurde das System erst, als die US-Armee im Vietnamkrieg diese Transportweise nutzte.

Auch in Europa dauerte es, bis sich diese Innovation durchsetzte: Erst 1966 ging in Bremen das erste Mal ein Container in einem deutschen Hafen an Land. Jedoch wurde diese Neuerung zu Beginn nicht freudig begrüßt, sondern argwöhnisch beäugt – auch im benachbarten Hamburg.

Bei der Einführung der Containerlogistik zögerte man an der Elbe, erzählt Alexander Till, Leiter der Wiener Repräsentanz des Hamburger Hafens: "In dieser historischen Hafenstadt wurden über Jahrhunderte Güter umgeschlagen, und plötzlich kommt so eine Stahlkiste aus den Vereinigten Staaten. Das haben anfangs viele nur für einen Modetrend gehalten."

1968 legte auch in Hamburg das erste Containerschiff an. Heute ist der Hafen der Hansestadt nach Rotterdam der zweitgrößte Containerhafen Europas und der größte Eisenbahnhafen der Welt: Schließlich wird der Container nicht nur in der Schifffahrt genutzt, sondern kann auch auf der Straße und der Schiene befördert.

Ein Standard für alle

Die Lieferwege und verschiedenen Transportmittel wurden so verzahnt und besser kombiniert. Ehrentraut: "Unterschiedliche Systeme mit vielen verschiedenen Schnittstellen können zu Komplikationen führen. Dadurch, dass der Container zum Standard wurde, kann man die Ware öfter und schneller umladen und beim Umschlag unterschiedliche Mittel einsetzen."

Dass die Lieferketten durch den Container jetzt erheblich effizienter und preiswerter wurden, wirkte sich auch auf das Angebot der Logistiker aus: Stückgut wurde ab sofort so günstig wie Massengut befördert – aufgrund der niedrigen Kosten der Beförderung konnten Transportunternehmer ihre Dienste jetzt weltweit anbieten.

Ohnehin hat der Welthandel durch den Container einen nicht unwesentlichen Schub bekommen: "Ohne den Container wären das Ausmaß und die Geschwindigkeit der Globalisierung nicht möglich gewesen", betont Alexander Till.

Der Stahlbehälter ist vor allem auch zum Motor und Symbol der großen internationalen Verflechtung geworden, weil er überall der gleiche ist: Der am meisten eingesetzte 40-Fuß-Container, von dem weltweit 15 Millionen Exemplare im Einsatz sind, hat ein genormtes Maß, auf das Verlademechanismen rund um den Erdball eingestellt wurden.

Deshalb werde sich laut Till auch in Zukunft am Container nicht viel ändern: "Bei neuen Containermaßen müssten weltweit hunderttausende Kräne, Hafenanlagen, Züge und Chassis ausgetauscht werden. Das in dem Maß zu ändern, wäre ein ökonomischer Wahnsinn."

Optimal mit Tracking

Vollständig abgeschlossen ist diese Internationalisierung aber noch nicht, berichtet wiederum der Grazer Logistikforscher Ehrentraut: So sind Paletten noch nicht vereinheitlicht und unterscheiden sich von Kontinent zu Kontinent.

Europäische Paletten seien mit den üblichen Containermaßen nicht effizient kombinierbar: "Es bleibt Raum übrig: So nützt man die Kapazität nicht gut aus und verschickt noch viel Luft." Auch die fortschreitende Digitalisierung biete Möglichkeiten, die Containerlogistik zu verbessern: Container könnten durch entsprechende Trackingssysteme und Analysetools noch besser verfolgt und überwacht werden.

Solche Veränderungen stünden aber nicht unmittelbar bevor und seien noch Zukunftsmusik, sagt Alexander Till: "Die Containerschifffahrt ist eine sehr traditionelle Branche. Kontrakte in diesem Geschäft sind meistens Rahmenverträge mit großen Unternehmen. Deshalb ist die Digitalisierung noch nicht ganz so ein Thema wie bei der Paketlogistik."

Das heißt jedoch nicht, dass man sich damit in Hamburg überhaupt nicht beschäftigt: Unter dem Namen Smart Port testet man seit einigen Jahren einen umfassend vernetzten und vollautomatisierten Güterhafen. Auf seine alten Tage wird der Container also noch intelligent. (Johannes Lau, 14.5.2016)