Seit Wochen singt sich Zoë in die Herzen der Song-Contest-Fans, reiste quer durch Europa bis nach Tel Aviv. Ihr charmanter Dance-Pop-Chanson erntete viel Beifall. Samstags im Stockholmer Euroclub gab es nach ihrem Auftritt "Zoë, Zoë"-Rufe, als habe sie bereits den Song Contest gewonnen. Doch Fanlieblinge haben es beim Bewerb oft schwer. Daher gilt es nun, nicht nur Fans, sondern auch die TV-Zuschauer von Reykjavík bis Baku zu überzeugen. In der Vorausscheidung am Dienstag wird sie als Nummer zwölf ihren Song "Loin d'ici" präsentieren.

Zoë auf der Bühne in Stockholm in einem Kleid von Eva Poleschinski.
Foto: Tomas Hanses/EBU

Schreuder: Du wolltest bereits 2015 zum Song Contest, 2016 hast du es geschafft. Ist es hier so, wie du es dir vorgestellt hast?

Zoë: Es ist eine Riesensache. Was das für eine Energie ist, die die Eurovision-Family hat, das ist unfassbar! Ich habe in Amsterdam, London und Tel Aviv bereits einen Vorgeschmack bekommen. Was für ein Zusammenhalt, und wie wichtig Eurovision für sie ist, wie viel Energie sie einem geben, das ist Wahnsinn. Ich bin total überwältigt. Hinter den Kulissen hier ist es noch größer als die Bühne, die schon so groß ist. Ich bin glücklich, das hier erleben zu dürfen, auch wenn es zugleich stressig ist. Aber es ist so wunderschön, was man hier erlebt.

Schreuder: Dein Song kommt hier bei den Fans sehr gut an. Hier wird auch diskutiert, wie man deinen Musikstil nennt. Jemand hat das vorhin Bubblegum-Pop genannt, jemand anderer hat es französischen Schlager genannt ...

Zoë: Nein, Schlager ist das nicht! So würde ich das nicht bezeichnen. Ich habe nichts gegen Schlager, respektiere das, aber ich singe das nicht. Es ist vermutlich am ehesten ein französischer Pop-Chanson.

Schreuder: Vielleicht auch gut, dafür keine Schublade zu finden?

Zoë: Ja, vielleicht. Auch mein Album ist ja recht breit gefächert. Es geht von der minimalistischen Ballade, nur roh mit Kontrabass, Gitarre und Geige, bis zu schnellen, beatlastigen Nummern. Ich behaupte schon, dass das alles sehr harmonisch ist, und zugleich kann ich viele Facetten zeigen. Deshalb passe ich vermutlich wirklich in keine Schublade.

Schreuder: In der Eurovision-Family bist mittlerweile nicht nur du, sondern auch dein Freund sehr beliebt ...

Zoë: Ich bin sehr dankbar, dass er überall mitkommt und sich das antut. Es ist ja auch anstrengend, neben mir zu stehen, wenn ich wenig Zeit habe. Ich würde das auch andersrum so machen. Dem Kaspar macht das aber auch Spaß, er hat kein Problem damit, auch in der Öffentlichkeit zu stehen. Es macht uns beiden Spaß. Er ist natürlich auch ein Eye Candy. Er hat übrigens bei einem STANDARD-Artikel zum ersten Mal erlebt, wie das ist, wenn nicht alle Kommentare nett sind. Es war aber auch lustig zu lesen, worüber sich so mancher aufregt. Über Mannerschnitten vor der Mikrowelle zum Beispiel.

Marco Schreuder im Interview mit Zoë.
Foto: Milenko Badzic/ORF

Schreuder: Liest du alle Kommentare zu Geschichten über dich?

Zoë: Meistens nicht, in dem Fall schon, weil es die Wohnung vom Kaspar ist. Die müssen echt viel zu tun haben, wenn die so Sachen schreiben, denk ich mir dann manchmal. Aber es darf ja jeder eine Meinung haben, nur Beschimpfungen gefallen mir nicht. Das ist gemein.

Schreuder: Wo setzt man als öffentliche Person die Grenze zum Privaten?

Zoë: Ich bin glücklich privat und will da kein Geheimnis drum machen. Ich möchte einfach, dass, wenn ich etwa zu einer Gala gehe, Kaspar neben mir ist, dass wir das gemeinsam machen und ein Team sind. Warum soll ich ihn also verstecken, wenn er kein Problem damit hat? Natürlich hat man auch Dinge für sich selbst, die man nicht in die Öffentlichkeit trägt. Wenn Partner nicht in der Öffentlichkeit stehen wollen, muss man das auch respektieren. Meiner geht halt gerne mit, begleitet mich und stützt mich sehr.

Schreuder: Was ist deine erste Erinnerung an den Song Contest?

Zoë: Ich habe mit meinen Eltern schon als Kind geschaut. Prägend war, als ich Stermann und Grissemann im Radio gehört habe. Da hat ein Mädchen sehr hoch gesungen, und sie sagten, dass sie Helium geschluckt habe. Das ist meine erste Erinnerung. Ich war noch klein und weiß nicht mehr, welche Sängerin, welcher Song, welches Jahr oder welches Land das war.

Schreuder: Dein Vater hat 2012 noch mit Papermoon versucht, am Song Contest teilzunehmen, erst die Tochter schafft es beim zweiten Anlauf. War das so ein Familiending, das endlich einmal zu schaffen?

Zoë: Nein, eigentlich nicht, denn wir hatten das mit mir eigentlich gar nicht geplant. Das ist letztes Jahr einfach so passiert. Der Benny Hörtnagl hat gemeint, wir sollten den Song "Quel filou" einfach mal einschicken, und ich war gerade mit der Schule fertig. Also machten wir das, obwohl ich nicht daran dachte, jemals zum Song Contest zu fahren. Eigentlich plante ich, eine Schauspielschule zu besuchen, dann kam alles anders, weil ich von Runde zu Runde weiterkam. Damit hatte ich gar nicht gerechnet. Gut, damals schaffte ich es ja dann doch noch nicht, aber ein Jahr später. (lacht)

Papa Straubs Versuch 2012, Österreich mit Papermoon in Baku zu vertreten, scheiterte.
FerryGraf

Schreuder: In Österreich ist es nicht so üblich, es immer wieder zu probieren.

Zoë: Ja, das stimmt. Nur Conchita probierte es mehrmals. Diejenigen, die wirklich oben sind, haben nicht beim ersten Mal Scheitern gleich aufgegeben.

Schreuder: Du hast jetzt die Möglichkeit, dich vor Europa zu präsentieren. Was ist dein längerfristiges Ziel?

Zoë: Was ich mir wirklich wünsche, ist, dass es nicht aufhört – egal was passiert. Dass ich nicht verbraten werde und es nur eine kurze Musikkarriere wird. Aber das Ziel jetzt ist einmal das Finale.

Schreuder: Hast du einen Lieblingsbeitrag dieses Jahr?

Zoë: Es gefallen mir viele sehr gut. Es gibt freilich welche, die mich mehr berühren als andere. Italien liebe ich, und Polen mag ich gerne, eine schöne Ballade, und Frankreich sowieso, aber er ist eh so gefeiert, daher nenne ich lieber die, die nicht so offensichtliche Favoriten sind. Aber ich glaube, Frankreich macht's.

Beim ersten Versuch 2015 scheiterte Zoë noch. Möglicherweise wäre Österreich die Schmach der null Punkte damit erspart geblieben.
FerryGraf

(Marco Schreuder, 9.5.2016)