Ein Urlaubsbesuch, der die Hitze noch erhöht: Dakota Johnson und Ralph Fiennes in "A Bigger Splash".

Foto: Constantin

Wien – Es geht ganz schnell, wie eine Wolke, die über die Sonne zieht, und die Idylle ist dahin. Eben hat das Paar noch Sex im Pool gehabt und fuhr auf einer staubigen Landstraße der Insel Pantelleria ans Meer. Die Körper in Schlamm eingetaucht, liegen sie am Strand wie die ersten Menschen. Sie küssen sich, und man kann sich der Sinnlichkeit der beiden Darsteller, Tilda Swinton und Matthias Schoenaerts, nur schwer entziehen. Doch dann stört ein Flugzeug die Ruhe und wirft seinen Schatten ausgerechnet so, dass er über die beiden Leiber hinwegzieht.

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Es ist ein Vorzeichen für den Eindringling, der in Luca Guadagninos A Bigger Splash die Urlaubsruhe stört. Das Paar ist die Musikerin Marianne (Swinton), eine von David Bowie inspirierte Glam-Rock-Berühmtheit, wie man auch später in Flashbacks sehen kann, und der Fotograf und Ex-Junkie Paul (Schoenaerts). Der Neuankömmling heißt Harry und war einmal deutlich mehr als Mariannes Produzent. Mit dabei hat er die Lolita-hafte Schönheit Penelope (Dakota Johnson), die er als seine Tochter vorstellt. Die Freude über das Wiedersehen ist einseitig. Von Beginn an ist sonnenklar, dass die Liebenden gerne allein geblieben wären – nicht nur, weil Marianne gerade die Stimme fehlt und sie sich kaum zu artikulieren vermag.

Dionysisches Miteinander mit Aggressionen

A Bigger Splash ist ein freies Remake von La Piscine (Der Swimmingpool) von Jacques Deray (1969), einem Film, den die meisten wohl aufgrund der Besetzung mit Romy Schneider und Alain Delon in Erinnerung haben. Der Umstand, dass die beiden schon getrennt waren, als der Film entstand, versieht das mondän-gelangweilte Treiben mit untergründiger Spannung. Jede Berührung ein Indiz. Auch Guadagnino weiß die Körperlichkeit seines Ensembles gewieft zu nutzen. Gesten und Blicke erzählen von der Ambivalenz der Figuren zueinander. Auch nackte Haut im Close-up, Kochen, Wein und Musik. Ein dionysisches Miteinander, in dem sich unterschwellige Aggressionen aufbauen.

Zwischen Pose und aufrichtig empfundenem Gefühl bleibt in A Bigger Splash jedoch schwer zu unterscheiden. Guadagnino geizt nicht mit Oberflächen – vielleicht gibt es deshalb den Titelverweis auf David Hockneys nüchtern-geheimnisvolles Gemälde? Man sieht den Figuren wie Pin-ups zu. Manche bewegen sich mehr als andere. Vor allem der sonst oft kontrollierte Ralph Fiennes verblüfft als Agilitätsmonstrum. Schon eine Umarmung von ihm muss man sich schmerzhaft vorstellen. Er reißt alle Aufmerksamkeit an sich, doch wenn er zu Emotional Rescue von den Rolling Stones ausgelassen zu tanzen beginnt, liebt man ihn trotzdem. Allein das lohnt den Kinobesuch.

Für Projektionen offen

Das Ungleichgewicht, das ein Alphatier mit sich bringt, das Konkurrieren und Verführen steht im Zentrum des Films. Positionen werden beweglich. "Wir sind alle obszön", sagt Harry einmal, als er mit seiner Offenheit schon aneckt. Guadagnino und Drehbuchautor David Kajganich halten das Drama jedoch flach. Sie verzetteln sich auf ihrem Weg, arbeiten um ein paar Runden zu viel mit Andeutungen – da schwindet auch das Interesse.

Und dann sind da auch noch die auf der Insel gestrandeten Flüchtlinge, mit denen sich der Film etwas forciert in der Gegenwart zu positionieren versucht. Ein für Projektionen offenes Gegenbild zur Urlaubsgemeinschaft, die sich selbst im Wege steht. (Dominik Kamalzadeh, 4.5.2016)