Wien – Vier der 52 SPÖ-Mandatare stimmten am Mittwoch gegen die Verschärfung des Asylrechts und stellten sich so gegen die Parteilinie und die Regierung. DER STANDARD stellt die vier Frauen vor.

Katharina Kucharowits: Das erste Mal gegen die Parteilinie

Mit einem Vertrauensbeweis hat die Politkarriere von Katharina Kucharowits im Nationalrat begonnen. Kanzler Werner Faymann setzte die Vorsitzende der Jungen Generation bei der Nationalratswahl 2013 auf den fünften Listenplatz. In einem STANDARD-Interview nach ihrem Einzug sagte Kucharowits zu ihrem Verhältnis zum Kanzler: "Es gibt eine Wertschätzung von beiden Seiten." Kritik an der Partei solle man in den Gremien äußern und nicht in der Öffentlichkeit. Ihre Junge Generation war traditionell immer angepasster als die Sozialistische Jugend, die gegen den Kanzler demonstriert.

Dass sich die 32-Jährige gegen die Parteilinie stellt, indem sie gegen die Verschärfung des Asylrechts stimmt, ist neu. Auf Facebook erklärt sie dies mit ihrer Funktion als Kinder- und Jugendsprecherin im Parlament. Durch die Verschärfung beim Familiennachzug werde "vielen, vielen Kindern das Recht auf Familie verwehrt". Zum STANDARD wollte sie dazu nichts sagen.

Kucharowits studiert seit 2001 Mathematik und Psychologie auf Lehramt sowie Politikwissenschaft. Die Abgeordnete stammt aus Schwechat in Niederösterreich. Der Ort wird von einer rot-grünen Koalition geführt, seit die SPÖ im Jänner 2015 ein dickes Minus einfuhr und ihre Absolute verlor. Ein Grund: die überhöhten Baukosten für die Mehrzweckhalle "Multiversum". (koli)

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Nurten Yilmaz: "So etwas tue ich nicht"

Ihre Entscheidung, gegen die Asylnovelle zu stimmen, "war die wahrscheinlich schwierigste meines Lebens". Das erklärte die Ottakringerin Nurten Yilmaz auf Facebook. Die Novelle würde "Menschen zur Landplage" erklären, "vor denen sich das Land mit Notstandsverordnungen schützen muss". Yilmaz habe den Menschen vor ihrer Wahl in den Nationalrat versprochen, sich für Integration einzusetzen. Dieses Versprechen hätte sie mit ihrer Zustimmung gebrochen. "Bei aller Loyalität zur Parteiführung: So etwas kann ich nicht, und so etwas tue ich nicht."

Yilmaz, 1957 in Söke im Westen der Türkei geboren, kam 1966 nach Österreich. "Wir waren eine klassische Gastarbeiterfamilie", sagt die heute 58-Jährige. Sie engagierte sich bei der Sozialistischen Jugend, gründete etwa den Verein F.I.B.E.L. (Frauen Initiative Bikulturelle Ehen und Lebensgemeinschaften) mit. 2001 wurde die gelernte Elektrotechnikerin und zweifache Mutter in den Wiener Gemeinderat gewählt, 2013 zog sie – als erste Migrantin für die SPÖ – in den Nationalrat ein.

Die Integrationssprecherin ist bekannt dafür, sich auch einmal gegen die Parteilinie auszusprechen. Vor der Wahl 2013 wurde sie nach zu scharfer Kritik am Asylkurs der Regierung zurückgepfiffen. Auch im Sport bekennt sie Farbe: Sie drückt Grün-Weiß, also Rapid, die Daumen. (krud)

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Daniela Holzinger: Mehr dem Bezirk als der Partei verpflichtet

Ihrem Bezirk Vöcklabruck fühlt sich Daniela Holzinger deutlich mehr verpflichtet als dem Klubzwang, denn der roten Heimat hat die 27-Jährige, die aus der kleinen Gemeinde Gampern im oberösterreichischen Hausruckviertel kommt, ihren Sitz im Nationalrat zu verdanken. Holzinger wurde im Wahlkampf 2013 mit eigenem Grundsatzprogramm in allen 50 roten Ortsgruppen vorstellig. 4500 Hausbesuche sicherten der begeisterten Hobbyläuferin letztlich 5271 Vorzugsstimmen.

Ihr Nein zur Asylnovelle im Nationalrat begründete die SPÖ-Abgeordnete auf ihrer eigenen Homepage. Sie sei gegen ein Hin- und Herschieben "tausender Menschen an den Grenzen" und für eine europäische Lösung der Flüchtlingsfrage.

In der Bachelorarbeit, die sie gemeinsam mit ihrem heutigen Ehemann und Pressesprecher Markus Vogtenhuber schrieb, thematisierte Holzinger die Wahlverluste der Großparteien SPÖ und ÖVP. Ihre politische Karriere startete sie 2009 mit der Wahl für die SPÖ Gampern in den Gemeinderat.

Außerhalb des roten Heimatbezirks tut man sich mit Holzinger bekanntlich schwer: Nicht nur den Bundesgenossen legt Holzinger mit auffallender Regelmäßigkeit Steine in den Weg. Auch in der eigenen Landespartei hat die 27-Jährige nicht nur Parteifreunde. (mro)

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Ulrike Königsberger-Ludwig: Die Parteikarriere hintangestellt

Nein, klassisch Parteikarriere habe sie nicht gemacht, sagt Ulrike Königsberger-Ludwig. Erst 2000 stand die heute 50-Jährige erstmals auf einer Liste, damals für die Gemeinderatswahl in Niederösterreich. Dann ging es schnell: 2002 kandidierte sie für die SPÖ im Nationalrat und zog auf Anhieb ein, stieg in Orts-, Bezirks- und Landesorganisationen der Partei auf und ist seit 2014 Mitglied im Bundesparteivorstand.

Aber: "Es geht nicht immer nur um die Karriere", sagt sie zum STANDARD. An zwei Punkten der beschlossenen Asylnovelle stößt sich Königsberger-Ludwig: der Verschärfung des Familiennachzugs und der Möglichkeit, das Asylrecht unter das Fremdenpolizeigesetz zu stellen. Auch die auf Drängen der SPÖ doch noch eingerichtete Begutachtungsfrist konnte daran nichts ändern. Also stimmte sie gegen die Klublinie. Viele Stunden habe sie deshalb mit sich gerungen. Wissend, dass Abweichlertum "nicht förderlich" sein kann. Den bisherigen Verschärfungen hatte sie noch "mit Bauchweh" zugestimmt.

Als Querulantin war Königsberger-Ludwig in der SPÖ bisher nicht bekannt, dagegen spricht schon ihr rapider Aufstieg. An der Personaldebatte will sie sich nicht öffentlich beteiligen. Und auch ihr Stimmverhalten will sie nicht als Illoyalität gegenüber Werner Faymann ausgelegt wissen. (sefe, 29.4.2016)

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