Man müsse sich viel mehr nach den Wünschen der Deutschen richten, sagt die AfD und wirft Union wie SPD vor, dies zu vergessen.

Foto: AFP/MacDougall

AfD-Vize Alexander Gauland gratuliert der FPÖ.

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STANDARD: Haben Sie nach der ersten Runde der österreichischen Bundespräsidentenwahl einen guten Rotwein geöffnet?

Gauland: Nein, das nicht, wenngleich ich das Wahlergebnis erfreut zur Kenntnis nehme. Jetzt muss man erst sehen, wer die Wahl tatsächlich gewinnt. Aber es ist ein erstaunlicher Erfolg, der zeigt, dass in Österreich eine Zeitenwende angesagt ist. Die FPÖ ist eine uns verbundene Kraft, man kann nur alles Gute wünschen.

STANDARD: In Deutschland war die AfD zuletzt erfolgreich. Sehen Sie auch hier eine Zeitenwende?

Gauland: Uns wählen nicht nur jene, die in der Flüchtlingspolitik die gemeinsame Willkommenspolitik der anderen Parteien nicht wollen, sondern auch diejenigen, die sich von den Eliten nicht mehr wahr- und mitgenommen fühlen. Die wollen ihre Meinung sagen. Die CDU meinte ja lange, um rechte Wähler brauche sie sich nicht zu kümmern. Die haben nur noch eine Wahl, nämlich uns.

STANDARD: Ihre Position gegen den Islam hat viel Protest ausgelöst. Waren Sie überrascht?

Gauland: Dass wir damit keine Blumen vom Bundespräsidenten bekommen, war klar. Aber es ist ein Thema, das die anderen Parteien nicht anfassen und diskutieren wollten. Wir aber machen das.

STANDARD: Gegen Minarette und den Ruf des Muezzins zu sein ist einfach. Aber wie wollen Sie das umsetzen, ohne das Grundrecht auf Religionsfreiheit zu verletzen?

Gauland: Minarette und Muezzin-Ruf sind nicht nötig für das muslimische Glaubensbekenntnis.

STANDARD: Ist der Ruf des Muezzins in Deutschland so störend?

Gauland: Ich habe Gott sei Dank noch keinen rufen hören. Das Verbot ist symbolisch, da der Ruf des Muezzins eine Veränderung in Deutschland demonstriert, die die Menschen nicht wollen. Sie wollen Kirchenglocken hören.

STANDARD: Warum gehört der Islam für Sie nicht zu Deutschland?

Gauland: Der Islam hat in Deutschland – wie auch in Österreich – bisher keine kulturellen Spuren hinterlassen. Es gab bisher keine Moscheen, wenn Sie in Museen gehen, sehen Sie keine Bilder, die irgendwas mit dem Islam zu tun haben. Dazu haben die Österreicher 1683 vor Wien ja einen großen Beitrag geleistet.

STANDARD: Es gab früher auch kein Frauenwahlrecht. Der Lauf der Zeit bringt Veränderungen ...

Gauland: Ich weiß nicht, was in 200 oder 300 Jahren sein wird. Aber jetzt möchte ich eine solche Veränderung in Bezug auf den Islam nicht.

STANDARD: Sind Sie Österreich für den Schwenk in der Asylpolitik dankbar?

Gauland: Die Balkanroute zu schließen war eine große österreichische Leistung. Wir sind auch für die Aufnahme tatsächlich politisch Verfolgter. Aber es gibt ja sehr viel Armutseinwanderung, und wir sagen: Jede andere Einwanderung muss unter dem Motto stehen: Was nutzt dieser Mensch der Bundesrepublik?

STANDARD: Das neue Parteiprogramm setzt sich nicht nur mit Islam und Zuwanderung auseinander. Wen wollen Sie ansprechen?

Gauland: Wir wollen dafür sorgen, dass die Menschen am unteren Ende der sozialen Skala einen fairen Anteil am gesellschaftlichen Wohlstand haben.

STANDARD: Wie passt da die Idee dazu, die staatliche Arbeitslosenversicherung abzuschaffen?

Gauland: Diese Idee hat es ja dann nicht in den Programmentwurf geschafft. Hingegen treten wir für den Mindestlohn ein, für ein Familiensplitting, und wir wollen den Grundfreibetrag anheben.

STANDARD: Das kostet Milliarden. Wie soll es finanziert werden?

Gauland: Wenn Milliarden für Flüchtlinge da sind, dürfte es auch für arme Deutsche reichen.

STANDARD: Etliche Mitglieder fordern außenpolitisch den Austritt aus der Nato. Ist das realistisch?

Gauland: Für mich nicht. Aber wir treten für größere Unabhängigkeit ein und wollen uns nicht nur im Windschatten der USA bewegen.

STANDARD: Keiner will mit der AfD koalieren. Grämt es Sie, sich in der Opposition einrichten zu müssen?

Gauland: Nein, denn da können wir viel mehr bewirken als in einer Koalition, in der wir bloß kleiner Partner mit zwei Ministern sind. Dafür kann man die FDP als Beispiel sehen. Und wir haben ohnehin im Bundestag nur Parteien, die in eine Richtung gehen. Schon Martin Luther sagte, man müsse dem Volk mehr aufs Maul schauen. Insofern empfinde ich auch Populismus als nichts Verwerfliches.

STANDARD: Wo liegt für Sie die Grenze zum Rechsextremismus?

Gauland: Wer Hitler als großen Staatsmann bezeichnet, ist für uns indiskutabel. Insofern erübrigt sich jede Nähe zur NPD. Im Gegensatz zu dieser wollen wir auch die freiheitlich-demokratische Grundordnung nicht abschaffen. (Birgit Baumann, 30.4.2016)