Olen Steinhauer, "Der Anruf." Deutsch: Friedrich Mader. € 20,60 / 270 Seiten. Blessing, München 2016

cover: Karl Blessing Verlag

Der Plot mag dem amerikanischen Leser exotisch vorkommen, für Österreich ist er skurril bis morbide: 2006, so erzählt Olen Steinhauer, haben Terroristen in Schwechat einen Airbus gekapert. Die Verhandlungen misslingen, alle Passagiere sterben.

Fünf Jahre später treffen zwei CIA-Agenten, die damals in der Wiener US-Botschaft angestellt und ein Liebespaar waren, wieder zusammen. Henry und Celia wissen, dass die Katastrophe durch einen Verrat aus den eigenen Reihen ausgelöst wurde. Steinhauer entwickelt daraus ein Psycho-Duell. Celia ist inzwischen aus dem Dienst ausgeschieden, verheiratet und Mutter geworden. Henry trauert seiner großen Leidenschaft nach. Sein Auftrag: herauszufinden, wo die undichte Stelle war.

Es entwickelt sich ein Duell, in dem Staatsraison, Paranoia und private Gefühle aufeinanderprallen. Der Anruf ist ein packender Text. Nicht unrealistisch erscheint, dass "Dienste" im Krisenfall die österreichische – oder auch andere Regierungen nicht einmal als Statisten betrachten. (Ingeborg Sperl, Album, 6.5.2016)