Mit dem Smartphone lässt sich allerhand messen. Viele Diabetiker haben gelernt, ihren Blutzucker regelmäßig zu bestimmen und die notwendige Insulindosis selbst festzulegen. Auch für Patienten mit Bluthochdruck gibt es ähnliche Apps. Die Dosierung von Medikamenten, sollte von den Patienten aber nicht selbst bestimmt werden, sagt ein Experte. Dennoch könnten Blutdruck-Apps hilfreich sein.

Für Menschen mit hohem Blutdruck sei ein Selbstmanagement wie beim Diabetiker nicht möglich, sagt Egbert Schulz, vom Blutdruckinstitut in Göttingen. "Die medikamentöse Therapie bei arterieller Hypertonie ist zu komplex, als dass Patienten Dosierungen selbst ändern oder Wirkstoffe austauschen können".

Eine Blutdruckbehandlung ohne einen behandelnden Arzt ist daher nicht ratsam. Apps auf dem Smartphone könnten aber dennoch nützlich sein, so Schulz. Programme, die an die Tabletteneinnahme erinnern, begrüßt er ausdrücklich. Auch eine Protokollierung der gemessenen Blutdruckwerte sei vorteilhaft. Aber bereits die automatisierte Blutdruckbeurteilung, etwa durch eine Ampelfunktion mit "grün-gelb-rot", sei problematisch, sobald der Patient dadurch veranlasst werde, die Dosierung der Medikamente selbst zu verändern.

EU will Bestimmungen verschärfen

Schulz hält dies auch rechtlich für bedenklich. "Die Health-App wird dann zu einem Medizinprodukt, das einer technischen und klinischen Prüfung unterzogen werden muss." Die EU arbeite derzeit an einer Verschärfung der Bestimmungen, was Schulz begrüßt. Einige Apps sind mit Blutdruckmessgeräten gekoppelt. Auch hier fordert der Experte die Einhaltung von Qualitätsstandards: "Es sollten nur von den Fachgesellschaften geprüfte und zertifizierte Geräte zum Einsatz kommen".

Einen medizinischen Nutzen erhalten Health-Apps erst, wenn sie die vom Patienten gemessenen Werte selbstständig an einen Arzt weiterleiten. "Diese telemedizinische Übermittlung von Blutdruckwerten oder anderer Vitaldaten in die Arztpraxis ist der Patientenselbstdokumentation weit überlegen", sagt Schulz. Sie liefere dem Arzt nahezu hundertprozentig realistische Werte im Gegensatz zum Blutdrucktagebuch, in denen der Blutdruck nur zu 30 bis 70 Prozent korrekt eingetragen werde.

Zur Behandlung des Bluthochdrucks gehören nicht nur Medikamente. Auch eine gesunde Ernährung und vor allem viel körperliche Bewegung können einen Beitrag leisten. Auch hier sind Health-Apps aus Sicht von Schulz sinnvoll: "Eine Sensibilisierung der Bevölkerung durch digitale Hilfsmittel, etwa einem Schrittzähler, ist prinzipiell zu begrüßen."

Sport nur unter ärztlicher Anleitung

Auch hier sollte aber der Arzt einbezogen werden. Er könne die Patienten bei der Art ihrer sportlichen Betätigung beraten. "Gerade bei sportlich nicht Erfahrenen ist falscher Ehrgeiz ohne sportmedizinische Begleitung und Anleitung durch einen ausgebildeten Übungsleiter nicht ungefährlich", glaubt Schulz. (idw, 29.4.2016)