Lieber-doch-nicht-Kandidat für die Hofburg, Erwin Pröll, brachte ÖVP-Obmann Reinhold Mitterlehner in die Bredouille. Pröll ist auch der, der hinter Lieber-noch-nicht-Obmann Sebastian Kurz steht.

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Wien – Die ÖVP erweckt derzeit den Eindruck, dass sie zumindest nach außen recht gelassen und geschlossen die Chefdebatte in der SPÖ erste Reihe fußfrei beobachtet. So nach dem politischen Florianiprinzip, lieber beim Koalitionspartner eine Führungsdiskussion als im eigenen Haus. Die Schwarzen weiden sich an der roten Selbstzerfleischung, gießen selbst aber kein Öl ins Feuer.

So richtig genießen können die Schwarzen, vor allem die Regierungsmitglieder, die Vorgänge bei den Roten aber nicht: Mitgehangen, mitgefangen. Es ist allen Beteiligten klar, dass, wenn es in der SPÖ knallen sollte und Parteichef Werner Faymann seinen Sessel räumen müsste, die ÖVP nicht Business as usual machen und so tun könnte, als wäre alles in bester Ordnung. Im Gegenteil, dann wäre sie als andere Hälfte der mittlerweile extrem unbeliebten Regierung nachgerade gezwungen, auch den Eindruck von Dynamik und Veränderung zu erwecken.

Kurz will noch nicht

Das aber fürchtet im Moment einer ganz besonders, weil er dann ranmüsste – oder rauf, ganz an die Spitze der ÖVP, wo jetzt noch Vizekanzler Reinhold Mitterlehner regiert: Außenminister Sebastian Kurz, die große Hoffnung vieler in der ÖVP auf eine Wende, die auch wieder Wahlerfolge bringen soll. Der will aber noch nicht. Hinter Kurz steht auch der Lieber-doch-nicht-Kandidat für die Hofburg, der niederösterreichische Landeshauptmann Erwin Pröll als sein Mentor – aber eben auch als jener Mann in der ÖVP, der durch seinen Rückzug von einer Kandidatur für die Hofburg Mitterlehner und die Partei in große Not gebracht hat. Das Ergebnis war Platz fünf von sechs für ÖVP-Kandidat Andreas Khol.

Nicht mit Faymann

Kurz selbst hat es in seinen Kreisen immer wieder ausgeschlossen, die Partei jetzt zu übernehmen – nicht mit Werner Faymann als Kanzler an seiner Seite im Ministerrat.

Aber sollte sich an der Spitze der SPÖ etwas tun, brächte das auch neue Dynamik in die ÖVP-Obmanndebatte, Kurz käme unter Zugzwang. Der Kreis jener, die sich um ihn scharen, wäre jedenfalls bereit, die Schalthebel in der Partei zu übernehmen. Die neue Generation steht parat. Als nächstes Stichdatum gilt die Bundespräsidentenstichwahl am 22. Mai. Bis dahin lässt sich auch die ÖVP-Debatte noch unter dem Deckel halten.

Fischler für Van der Bellen

Wahlempfehlungen wurden von diversen ÖVPlern wortreich abgelehnt. Ein prominenter jedoch, Ex-EU-Kommissar Franz Fischler, deklariert sich offen für den ehemaligen Chef der Grünen. "Ich muss nicht in allen politischen Positionen mit Alexander Van der Bellen übereinstimmen, um ihm am 22. Mai meine Stimme zu geben", begründet Fischler sein Eintreten in Van der Bellens Unterstützerkomitee. Beide teilten die Überzeugung, dass Österreich nur in der EU die Herausforderungen der Zukunft meistern könne. "Ein Bundespräsident, der es versteht, Brücken zu bauen, wird es schaffen, Österreich in spannungsgeladenen Zeiten gut zu vertreten." (Lisa Nimmervoll, Michael Völker, 28.4.2016)