Alle reden von der SPÖ und ihren Selbstfindungskrämpfen. Zu Recht. Aber der ÖVP geht's nicht viel besser, selbst wenn die Sägegeräusche am Sessel des Parteiobmanns und Vizekanzlers Reinhold Mitterlehner nicht ganz so laut sind wie die am Kanzlerthron Faymanns.

Vielleicht denkt man sich in der Volkspartei: "Jetzt haben wir seit 2008 schon den vierten Parteiobmann, da lassen wir uns jetzt ein wenig Zeit." Die Wahrheit dürfte aber sein, dass der einzig denkbare Kandidat, Außenminister Sebastian Kurz, sich jetzt strategisch zurückhält. Wo war der übrigens am Abend der schrecklichen Wahlniederlage?

Abgesehen davon besteht aber in der ÖVP mindestens so viel Handlungsbedarf wie bei den Sozialdemokraten. Ein großer Teil der konservativeren Kernklientel ist in Richtung FPÖ und Norbert Hofer davongelaufen – man betrachte etwa die Niederösterreich-Wahlergebnisse –, ein anderer Teil zu Irmgard Griss, siehe die Wiener Nobelbezirke.

Diese Kernklientel, vor allem die kleineren Unternehmer und die Selbstständigen kochen vor Wut über die Steuerreform, die bei der Gegenfinanzierung Besserverdiener, Immobilieneigentümer, Unternehmer und ländliche Vereine (Registrierkasse!) belastet. Die Industrie setzt teilweise (Oberösterreich) schon (wieder) auf FPÖ. Der frühere (katholisch-)liberale Flügel existiert nicht mehr. Die ÖVP als Partei der Leistung, der Eigentumsbildung und des Bürokratieabbaus ist abgemeldet. (Hans Rauscher, 28.4.2016)