Präsident Abdelfattah al-Sisi ist als Meister der Symbolpolitik ins Amt gekommen: Den von Revolutionsnachwehen und Muslimbrüder-Ängsten geplagten Ägyptern und Ägypterinnen hat der General, der sich nur leise gegen die von seinen Bewunderern kommenden Nasser-Vergleiche wehrte, etwas von der historischen Größe zurückgegeben, an die sie sich zu erinnern glauben. Wenn nun ausgerechnet er eines der Symbole der ägyptischen Geschichte aufgibt – Tiran und Sanafir im Roten Meer, wo Nasser 1956 und 1967 Blockaden gegen Israel verhängte -, schlägt er sich mit seinen eigenen Waffen.

Die rechtliche Realität wird schon so sein: Saudi-Arabien hat die Inseln Kairo 1950 überlassen, weil Ägypten besser imstande war, sie militärisch zu sichern. Saudi-Arabien ist seit Jahren dabei, mit seinen Nachbarn seine oft umstrittenen Land- und Seegrenzen abzuklären. Die saudische Führung hat noch dazu momentan Bedarf, ihrer auf Sparkurs gesetzten Bevölkerung etwas zu bieten. Einer der Empfänger saudischer Zuwendungen ist Ägypten. Der Vorwurf des "Verkaufs" von Tiran ließ nicht auf sich warten.

Sisi reagiert auch deshalb so empfindlich auf alle Proteste, weil er vermutet, dass sich dahinter die Muslimbrüder verstecken. Bei einem Teil der Bevölkerung hat er dabei Rückhalt. Aber Repression ist nicht gleich Kontrolle – und diese scheint Sisi zunehmend zu verlieren, zum Beispiel über seinen folternden Polizeiapparat. (Gudrun Harrer, 26.4.2016)