Wien – FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl sieht im Ausgang der ersten Runde der Präsidentenwahl "ein sensationelles Ergebnis für Norbert Hofer und ein historisches Ergebnis für die FPÖ". Es sei ein eindeutiges Statement der Wähler, dass sie einen Bundespräsidenten mit einem anderen Amtsverständnis in der Hofburg wollen, sagte Kickl am Sonntagabend. Hofer habe im Wahlkampf klargemacht, dass er Klartext rede und ein Korrektiv zur Regierung sein wolle.

Zu der Frage, ob es ein Erfolg Hofers oder einer der FPÖ sei, meinte der Generalsekretär, Hofer sei immer als Kandidat der FPÖ ins Rennen gegangen und habe sich im Gegensatz zu anderen nicht verstellt. Hofer habe die Positionen der FPÖ von der direkten Demokratie bis zur EU-Kritik ausführlich dargelegt.

Hoffen auf zweiten Wahlgang bei Van der Bellen

Alexander Van der Bellens Wahlkampfmanager Lothar Lockl erklärte am Sonntag, die ersten Ergebnisse und Trends seien für ihn ein Schock gewesen, "aber die Bundespräsidentenwahl wird am 22. Mai entschieden". Es sei wie beim Skifahren, im zweiten Durchgang könne sich noch alles ändern. Auch bei Bundespräsidentenwahlen sei das schon der Fall gewesen. "Ich bin überzeugt, Van der Bellen wäre der ideale Bundespräsident für Österreich."

Unter den grünen Unterstützern herrschte trotz Hofers übergroßen Vorsprungs Zuversicht. Als die ORF-Übertragung auf der Videowall Platz zwei für Van der Bellen anzeigte, brandete in dessen Wahlzentrale im Palais Schönburg in Wien-Wieden Jubel auf.

Faymann: Keine Wahlempfehlung der SPÖ

Dass Rudolf Hundstorfer (SPÖ) und Andreas Khol (ÖVP) schwere Niederlagen erlitten, führt FPÖ-Generalsekretär Kickl auf den "fatalen Kurs" der Regierung zurück. Beide seien maßgebliche Vertreter der Regierungsparteien. Hundstorfer habe als Sozialminister ein Herzstück der Bundesregierung vertreten, und Khol trage im Bereich der Pensionen maßgeblich Mitverantwortung.

SPÖ-Sprecher Matthias Euler-Rolle wird in der Stichwahl Van der Bellen wählen, sagte er dem STANDARD. Auch Bundeskanzler Werner Faymann wird Van der Bellen wählen, weil er ihn für einen ausgleichenden Kandidaten hält. Dennoch wird es keine SPÖ-Wahlempfehlung geben.

Mitterlehner: Auch ÖVP gibt keine Wahlempfehlung ab

ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner geht nicht davon aus, dass die schwere Niederlage personelle Konsequenzen auslösen wird. Der Vizekanzler sprach am Sonntag in der Parteizentrale von einem enttäuschenden Ergebnis. Eine Empfehlung für die Stichwahl wird die ÖVP nicht aussprechen. Khol selbst kündigte an, alle politischen Ämter zurückzulegen.

Für ÖVP-Generalsekretär Peter McDonald ist das schlechte Ergebnis "natürlich enttäuschend, aber zu respektieren". "Die Österreicherinnen und Österreicher haben entschieden", erklärte McDonald am Sonntagnachmittag in einem schriftlichen Statement .

McDonald will Motive "genau analysieren"

Dem eigenen Kandidaten stärkte McDonald den Rücken: Khol "verdient unsere volle Anerkennung und Respekt", er habe "ohne zu zögern Verantwortung übernommen und vier Monate mit vollem Einsatz und Herzblut wie ein Löwe um jede Stimme gekämpft".

"Wir haben heute einen Erdrutsch erlebt, der die gesamte politische Mitte in Österreich nachdenklich stimmen muss", befand McDonald angesichts des starken Ergebnisses von FPÖ-Kandidat Hofer. Es zeige sich klar, dass die Sorgen der Menschen in unsicheren Zeiten groß seien. "Die Motive werden genau zu analysieren sein."

SPÖ-Geschäftsführer: Keine personellen Konsequenzen

SPÖ-Bundesgeschäftsführer Gerhard Schmid sprach am Sonntag in einer ersten Reaktion auf das Abschneiden Hundstorfers von einer "sehr schmerzlichen Niederlage". Personelle Konsequenzen werde es nicht geben, inhaltliche aber sehr wohl. "Das ist eine Niederlage, für die wir auch Verantwortung als Gesamtpartei übernehmen", sagte Schmid. "Wir haben einstimmig Rudi Hundstorfer als erfahrenen, krisenfesten Kandidaten nominiert, der Wähler hat heute anders entschieden."

Schmid: Keine "Watsche" für die Regierung

Das schlechte Abschneiden begründet Schmid damit, dass "die Menschen der Darstellung des politischen Establishments eine Abfuhr erteilt haben". Es handle sich allerdings nicht um eine "Watsche für die Regierung, denn die Regierungspolitik ist etwas anderes". Es müsse nun Veränderungen in der Politik geben, davon sei die ÖVP genauso betroffen. Die SPÖ habe bereits vor geraumer Zeit einen Veränderungsprozess gestartet, das neue Parteiprogramm stehe kurz vor der Präsentation. "Diese Prozesse werden wir mit Nachdruck fortsetzen."

Hundstorfer habe "sein Bestes gegeben". Man müsse die Botschaft, die von den Menschen kommt, sehr ernst nehmen und stärker auf Themen wie soziale Gerechtigkeit und Mindestlöhne setzen, die durch das Flüchtlingsthema verdeckt worden seien. Für die Stichwahl werde es keine Wahlempfehlung geben, "die Bevormundung der Wähler ist nicht der richtige Weg", so Schmid.

Griss-Manager sieht "historisches Ergebnis"

Das Wahlkampfteam rund um die unabhängige Kandidatin Irmgard Griss will erst einmal das Ergebnis der Wahlkarten sowie der Briefwahl abwarten, bevor es ein endgültiges Resümee zieht. Manager Milo Tesselaar sieht "auf jeden Fall ein historisches Ergebnis, dass eine überparteiliche Kandidatin so abschneidet", sagte er am Sonntag. "Grundsätzlich glaube ich, dass es in Zukunft nur gemeinsam und gegen eine Spaltung der Gesellschaft", die sich abzeichne, gehen werde.

Der Ruf nach einem neuen politischen Stil, für den Griss bei der Präsidentschaftswahl gestanden sei, sei jedenfalls "ganz gewaltig da", sagte Tesselaar. "Das Verbindende und Neue kann nur Irmgard Griss sein."

Lugner räumt Fehler ein

Richard Lugner machte die Umfragen und den Dreikampf für sein Abschneiden verantwortlich. Ob er enttäuscht sei, wollte er Sonntagnachmittag noch nicht beantworten, weil er noch auf die Ergebnisse in Wien hoffte. Ihm sei gesagt worden, dass er dort bei fünf bis sechs Prozent liege. Tatsächlich wurden es laut vorläufigem Endergebnis zwei Prozent.

Lugner erzählte von seinen Wahlkampfauftritten, bei denen ihm viele Leute gesagt hätten, sie würden Hofer wählen, um Van der Bellen zu verhindern. Er räumte aber auch eigene Fehler ein: "Das mit dem Kasperl ist nicht gut angekommen."

Eine Wahlempfehlung für die Stichwahl will Lugner "sicher nicht" abgeben, auch ein neuerliches Antreten in sechs Jahren schloss er aus. Er rechnet mit einem Schock für die traditionelle Parteienlandschaft: "Wir stehen vor einer politischen Wende."

Strolz: "Österreich hat die Nase voll"

"Österreich hat die Nase gestrichen voll vom rot-schwarzen Machtkartell", sagte Neos-Chef Matthias Strolz am Sonntag im Gespräch mit Journalisten. Die Menschen hätten Veränderung gewählt. Nun werde sich in der Stichwahl entscheiden, ob der Mut oder die Wut stärker sei. (APA, 24.4.2016)