Die griechische Regierung hat gute Chancen, dass sie bis Mitte nächster Woche mit der Troika der Geldgeber von EU, Internationalem Währungsfonds (IWF) und Europäischer Zentralbank (EZB) eine Einigung auf alle nötigen Reformmaßnahmen findet, die eine Freigabe von Finanzhilfen aus dem dritten Eurohilfsprogramm ermöglichen würde. Einen harten (nominalen) Schnitt bei Staatsschulden (dzt. 176 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, BIP) wird es nicht geben, weil zahlreiche EU-Partner das ablehnen. Stattdessen dürfte es aber zu Zahlungserleichterungen bei den über Jahrzehnte laufenden Hilfskrediten kommen, sei es durch Laufzeitverlängerung oder durch Zinsnachlass.

Auf jeden Fall solle ein politisch "heißer Sommer" wie im Juli 2015 vermieden werden, sagte der finnische Finanzminister Alexander Stubb beim Treffen der Eurogruppe in Amsterdam am Freitag. Damals war das Ausscheiden des Landes aus dem Euro ("Grexit") zum Greifen nahe, ehe man sich doch auf ein weiteres Programm im Volumen von 86 Milliarden Euro einigen konnte. Seit damals wurde über die geforderten Umstrukturierungen im griechischen Budget gerungen, über Pensionsreformen, Privatisierungen und wachstumsfördernde Maßnahmen – bis heute ohne Erfolg. Es hakt vor allem daran, dass der IWF seine Kredithilfen nur dann umsetzt, wenn die Schuldentragfähigkeit glaubhaft ist, wie IWF-Chefin Christine Lagarde betonte.

"Große Fortschritte"

Aber die Hardlinerin des Währungsfonds zeigte sich in Amsterdam überraschend positiv, was die Anstrengungen der Regierung in Athen betrifft: "In den vergangenen Tagen, ja sogar in den letzten 24 Stunden hat es große Fortschritte gegeben", sagte sie. Der österreichische Finanzminister Hans Jörg Schelling bestätigte, dass der Wind zu Griechenland sehr ins Positive gedreht habe. Zwar seien die Staatsschulden hoch, aber beim Budgetdefizit liege Athen mit einem Minus von 3,6 Prozent des BIP im Plan – die Einmalmaßnahmen für Banken nicht berücksichtigt, erklärte er.

Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem kündigte an, dass die Verhandler beider Seiten versuchen werden, bis Mittwoch eine allumfassende Einigung zustande zu bringen. Dann könnte es einen Sonderministerrat geben, der das bis 2018 laufende Programm freischlägt. Laut Schelling würden die Griechen noch vor dem Sommer 5,6 Milliarden Euro erhalten – genug, um das Land in Ruhe weiterzufinanzieren.

"Unmögliche" Sparvorgaben

Der Knackpunkt: Der IWF verlangt als Garantien für die Attestierung der Schuldentragfähigkeit des Landes vorab einen "Notfallplan", sollte das prognostizierte Wachstum und der Budgetüberschuss von 3,5 Prozent im Jahr 2018 verfehlt werden. Dazu sollten Sparmaßnahmen von weiteren zwei Prozent des BIP vorab vorgesehen werden. Finanzminister Efklidis Tsakalotos lehnte dies als "unmöglich" ab.

Weitere heikle Punkte sind Pensionsreform, Kürzungen bei Zusatzrenten, eine Obergrenze von 2300 Euro. Privatisierungen sollen gepusht werden, um mit Erlösen wachstumsfördernde Maßnahmen setzen zu können. Auch sollen die indirekten Steuern auf Tabak bis Treibstoff angehoben werden. (Thomas Mayer aus Amsterdam, 22.4.2016)