Nach fünf Jahren harter Arbeit hat ÖBB-Holding-Chef Christian Kern harte Arbeit vor sich. Aufgrund des niedrigen Dieselpreises habe die Bahn den Wettbewerbsvorteil gegenüber der Straße verloren.

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Eine Offensive für neue Züge, Güterlokomotiven und Autobusse kündigte die ÖBB am Freitag bei Vorlage des Jahresabschlusses 2015 an. Bis 2021 sollen insgesamt 1,3 Milliarden Euro in rollendes Material investiert werden.

Den Anfang machen neun (bereits bestellte) Schnellzüge (Railjet), die ab Fahrplanwechsel im Dezember 2016 die in die Jahre gekommenen IC-Reisezugwagen ersetzen. Bereits in Auslieferung sind auch knapp hundert Nahverkehrszüge (Cityjet).

160 Millionen Euro hat der Aufsichtsrat der ÖBB-Holding am Donnerstag für die Anschaffung neuer IC-Züge für Tagverkehre auf der Brennerstrecke (ab 2020) frei gegeben. Weitere 230 Millionen Euro werden in neue Garnituren für Nachtverkehre nach Mailand, Rom, Venedig und Livorno gesteckt. Neue Lokomotiven für den Güterverkehr runden das Investitionspaket ab. Sie seien notwendig, weil die Gütertochter Rail Cargo Austria (RCA) ihr Angebot an Eigentraktion im Ausland, insbesondere in Deutschland und Italien ausbauen will.

Erneuert wird auch die ÖBB-Postbus-Flotte, insgesamt sollen 300 Linienautobusse gekauft werden, weitere 28 Fernreisebusse für den neuen ÖBB-Fernbus, der ab Sommer Ziele in Deutschland, Italien und Südosteuropa anfahren wird. Dem Vernehmen gehören Berlin, München, Zagreb, Venedig (ab Wien) und Prag (ab Linz) zu den Destinationen.

Risiko Nachtverkehr

Noch weiterer Beratungen in einer Aufsichtsratssitzung im Mai bedarf offenbar die geplante Übernahme des Nachtverkehrs der Deutschen Bahn. Der Beschluss wurde auf Mai vertagt, verlautete nach der Sitzung am Donnerstagabend aus Aufsichtsratskreisen. ÖBB-Holding-Chef Christian Kern bestätigte einen STANDARD-Bericht, wonach "ganz konkrete Gespräche mit der Deutschen Bahn" geführt werden. Man sei in der Detailprüfung, der Beschluss sei aber noch nicht gefallen. Dieses Geschäft sei kein einfaches, sagte Kern, der einräumte, dass Auslandsverkehre seit der Flüchtlingskrise rückläufig seien. Beim ÖBB-Personenverkehr mache der Nachtverkehr 17 Prozent des Fernverkehrs aus, bei der schweizerischen SBB nur ein Prozent. Offene Fragen betreffen laut STANDARD-Recherchen insbesondere die Fahrzeuge für die Übergangszeit, bis das neue Wagenmaterial ausgeliefert wird. Die ÖBB-Pläne sehen eine Anmietung von Zügen zur Überbrückung vor.

Nicht unter 200 Millionen

Als Losung für das Ergebnisziel 2016 gaben Kern und Finanzvorstand Josef Halbmayr aus: nicht unter Vorjahr, also 192 Millionen Euro (EBT). Das sei eine Herausforderung, insbesondere im Güterverkehr, wo das erste Quartal 2016 aufgrund der Konjunkturschwäche im Rohstoffsektor verhalten lief. Man habe aber noch genug Potenzial für Restrukturierung, allein 40 Millionen Euro im Güterverkehr, betonte der ÖBB-Chef.

Wiewohl 2015 in Superlativen gepriesen wurde ("Es ist sehr gut gelaufen"): Im operativen Geschäft wies die Staatsbahn mit 5,17 Milliarden Euro Konzernumsatz Rückgänge aus: Der Betriebsgewinn (Ebit) im Güterverkehr brach nach "einem brutalen Jahr" – bei stagnierendem Umsatz von 2,058 Milliarden Euro – um 26 Prozent auf 76,6 Millionen Euro ein, das Vorsteuerergebnis (EBT) sank um drei Prozent auf 57,2 Millionen Euro. Die beförderten Nettotonnen gibt die Bahn mit 136,4 an (2014: 134,8 Millionen Tonnen), davon 27,2 Millionen Tonnen waren konzerninterne Verkehre.

Leichte Rückgänge gab es im Personenverkehr: Die Zahl der Fahrgäste sank auf 458 Millionen (davon 221 im Postbus), der Umsatz stieg um drei Prozent auf 1,99 Milliarden Euro, wovon 930,6 Millionen Euro (plus 4,5 Millionen Euro) öffentlich finanziert wurden. Das Ergebnis (Ebit) ging um 8,1 Prozent auf 93 Millionen Euro zurück, aufgrund einer vorgezogenen Abschreibung von 35 Mio. Euro.

Was die Personalvertretung sicher gern hört: Um Pensionierungen und Fluktuation zu ersetzen, plant die Staatsbahn die Aufnahme von 8.500 Mitarbeitern und 3.000 Lehrlingen bis zum Jahr 2021. (ung, 22.4.2016)