Wien – Man kann vor Gericht eindeutig einen besseren Eindruck hinterlassen als Mirko S., der wegen geschlechtlicher Nötigung und Verbreitung von Kinderpornografie angeklagt ist. Letzteres gesteht der 17-Jährige vor dem Schöffensenat unter Vorsitz von Norbert Gerstberger ein, dass er einer Austauschschülerin auf das Gesäß und in den Schritt gegriffen hat, bestreitet er aber vehement.

Beim ersten Fall geht es um eine 13-jährige Mitschülerin. "Das ist eine lange und blöde Geschichte", hebt S. zu erzählen an. "Dann versuchen Sie sie kurz zu erzählen", unterbricht ihn Gerstberger.

Kein schlechtes Gewissen

Das Opfer hatte im Herbst 2013 mit mehreren Burschen aus der Schule Sex. Und ließ sich dabei offensichtlich auch von anderen filmen oder fotografieren. Zwei Videos hat der Angeklagte auf Facebook geteilt. "Ich habe es aber nicht gemacht, es war ja schon auf Facebook." – "Hatten Sie da kein schlechtes Gewissen?", fragt Gerstberger. "Nein, ich war ja noch klein."

"Das hat mit Liebe und Verliebtheit nichts zu tun, das ist sinnentleerter Sex", ist der Vorsitzende überzeugt. Auch als der Teenager erzählt, es sei auch in einem öffentlichen WC zu einem Geschlechtsakt gekommen. "Auch sehr romantisch", ist Gerstberger sarkastisch. "Aber das war kein Sex, nur Oralverkehr", meint der Angeklagte. "Das erinnert mich an Bill Clinton", erinnert der Vorsitzende an dessen Aussage zur Lewinsky-Affäre.

Angeklagter versus Schöffe

Einem der Schöffen lässt die Sache keine Ruhe: "Warum hast du das auf Facebook gestellt? Warum hast du ihr das angetan?" – "Weil ich es machen wollte. Und klein war", lautet die Antwort. S. scheint sich durch die Fragen provoziert zu fühlen und starrt den Schöffen böse an, während die Staatsanwältin eine Frage stellt.

Darauf angesprochen, wird der 17-Jährige emotional: "Darf er mich beschimpfen? Ich habe Menschenrechte!", braust er auf. Die 200 Euro, die das Mädchen als Entschädigung will, will S. nicht zahlen.

Der schwerwiegendere Anklagepunkt ist aber jener der geschlechtlichen Nötigung. S. wird beschuldigt, am Abend des 16. November 2014 einer Teenagerin von der Straßenbahn aus gefolgt zu sein, ihr von hinten aufs Gesäß gegriffen, sie dann gehalten und schließlich im Bereich der Scheide berührt zu haben. Als die Minderjährige zu schreien begann, lief der Täter weg.

DNA-Spuren auf Jeans

Der Trumpf der Anklagebehörde: Auf den Jeans des Opfers wurden im fraglichen Bereich nur zwei DNA-Spuren gefunden. Die des Opfers und die des Angeklagten. "Wie kommen die dorthin?", fragt ihn Gerstberger. "Ich weiß es wirklich nicht." – "Eine Möglichkeit gibt es: dass Sie der Täter sind."

Der Vorbestrafte hat eine andere These. Er benutze jeden Tag diese Straßenbahn, er habe wahrscheinlich sein Genmaterial dort hinterlassen. Denn: "Ich spucke auch in der Straßenbahn." – "Macht jetzt aber auch keinen guten Eindruck", wirft Beisitzerin Alexandra Skrdla ein.

Sachverständige belastet Angeklagten

Mit der Verantwortung des Angeklagten gibt es aber ein Problem, wie die DNA-Sachverständige erläutert. Wären die Spuren via eines Straßenbahnsitzes auf die Hose gekommen, müsste entweder das Erbgut von sehr vielen Personen zu finden sein. Oder, wenn der Platz frisch geputzt war, nur jenes des Opfers. Bei der Übertragung via Speichel wiederum würde das Profil ganz anders aussehen: Es müsste viel mehr Genmaterial des Täters zu finden sein.

Verteidigerin Sonja Scheed weist auf Widersprüche bei der Täterbeschreibung in der Aussage des Opfers hin und beantragt, die mittlerweile wieder in Argentinien lebende Frau via Video zu vernehmen. Ein Antrag, dem der Senat stattgibt und das Verfahren auf unbestimmte Zeit vertagt. (Michael Möseneder, 22.4.2016)