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Der Echo wird immer beliebter, ist aber nur das Abfallprodukt einer noch wahnwitzigeren Grundidee

Foto: AP/Lennihan

Die Entwicklung des Amazon Echos war keine leichte: Intern gab es Wickel mit Amazon-Chef Bezos, der unbedingt wollte, dass der smarte Lautsprecher auf das Kennwort "Amazon" reagiert. Entwickler fürchteten, dass dies zu einer Reihe an Missverständnissen führen würde, da Menschen das Wort auch abseits von der Echo-Nutzung verwenden. Außerdem schwebte über dem Projekt ein Damokles-Schwert, da das zuvor entwickelte FirePhone sich als Verkaufsdesaster entpuppte.

Häme und Gelächter

Dem nicht genug: Nach der ersten Vorstellung des Amazon Echo schwappte eine Welle an Häme über soziale Medien und Technikblogs. Was wollte Amazon bloß mit diesem komischen Gerät, das dauernd lauschte und auf Ansprache reagierte? Und das gerade zu jener Zeit, als die NSA-Affäre die Welt schockierte? Nie und nimmer werde sich das an den Orwellschen Televisor erinnernde Gerät verkaufen, unkten die meisten Journalisten. Sie wurden Lügen gestraft: Der Echo ist eine überraschend populäre Erfindung, die sich über drei Millionen Mal verkauft haben soll. Allein rund um die Weihnachtszeit 2015 soll eine siebenstellige Zahl an Stücken abgesetzt worden sein.

"Projekt D"

Damit konnte das Lab126, Amazons Forschungsabteilung, mit ihrem Projekt "D" einen positiven Score erzielen. Projekt A, der Kindle, gilt als Erfolg, Projekt B – das Fire Phone – ist die bereits erwähnte Katastrophe. A, B und D – richtig, ein Amazon-Projekt fehlt. Nach wie vor ist unklar, woran Amazons Mitarbeiter beim Projekt C forschten. Laut einer ausführlichen Reportage des Bloomberg Businessweek soll es sich dabei allerdings um ein hochgeheimes, "irres" Projekt handeln, aus dem sich erst der Echo entwickelt hat.

Patentanträge gewähren kleinen Einblick

Patentanträge aus den vergangenen Jahren, die über eine Briefkastenfirma abgegeben wurden, lassen auf ein wahnwitziges "Augmented Reality"-Projekt schließen. Amazon-Chef Bezos wollte offenbar das Zuhause der Zukunft erschaffen: Smarte Geräte, nicht unähnlich dem Echo, sollten Bewegungen, Gespräche und Mimik der Nutzer verfolgen und Hologramme ausschicken. Menschen sollten fortwährend von virtuellen Bildschirmen begleitet werden, die Projekt C in ihrer Wohnung projiziert. "Dieses System wäre heute noch seiner Zeit weit voraus – ist aber bereits vor sechs Jahren geplant worden", schreibt Bloomberg Businessweek.

Unklare Pläne

Noch ist unklar, ob "Projekt C" jemals Realität wird. Amazon hüllt nach wie vor den Mantel des Schweigens über dessen Inhalt. Klar ist aber, dass der Erfolg des Echo derlei Bestrebungen neuen Aufwind verschaffen könnte. So sah es nach dem Absturz des FirePhone zeitweise so aus, als ob Amazon seine Eigenentwicklungen einstampfen könnte. Doch schon bei Kindle und Cloud hat Bezos gezeigt, dass er am Puls der Zeit ist. Eines ist klar: Mit Amazon ist auch abseits des Onlinehandels in den nächsten Jahren zu rechnen. (red, 23.4.2016)