Erwin Pröll macht's möglich: Der 60-jährige Wolfgang Sobotka ist gleichzeitig Vorgänger und Nachfolger von Johanna Mikl-Leitner.

Foto: APA/HANS KLAUS TECHT

Am Donnerstag wird Sobotka von Bundespräsident Heinz Fischer angelobt.

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Wien – Wer Wolfgang Sobotka gegenübersitzt, merkt schnell, dass es sich beim neuen Innenminister um einen Mann handelt, der von sich überzeugt ist: Fester Blick, erhobener Kopf, ausladende, aber ruhige Armbewegungen, die auch als Zeichen von Überheblichkeit interpretiert werden könnten, zeichnen den bisherigen niederösterreichischen Finanzlandesrat aus.

Heute, Donnerstag, tauschen er und Johanna Mikl-Leitner die Posten. So wollte es sein bisheriger Chef, Landeshauptmann Erwin Pröll. Und so vollzog es sein neuer Chef, ÖVP-Bundesparteiobmann Reinhold Mitterlehner.

Nicht nur Freunde

Der in Waidhofen an der Ybbs geborene Sobotka hat sich im Laufe seiner mehr als 30 Jahre dauernden politischen Karriere beileibe nicht nur Freunde gemacht. Er gilt als aufbrausend, ungeduldig und soll des Öfteren mit Mitarbeitern schreien. Böse Zungen meinen gar, in Anwesenheit des Landesrates sei schon der eine oder andere Aschenbecher durch die Gegend geflogen.

Eines spricht ihm aber sogar die politische Konkurrenz nicht ab: Der Sohn einer Schneiderin und eines Hochschullehrers ist ein Arbeitstier. "Er ist sicher eines der fleißigsten Regierungsmitglieder", sagt die grüne Klubobfrau im niederösterreichischen Landtag, Helga Krismer, die sonst kein gutes Haar an seiner Politik lässt.

Der Umgang mit Kritik zählt nicht unbedingt zu den Stärken des 60-Jährigen. Besonders schlecht zu sprechen ist er auf den Rechnungshof. Der hatte es 2012 gewagt, den Neubau von gleich vier Spitälern, die zum Teil räumlich nicht sehr weit voneinander entfernt sind (Baden, Mödling, Neunkirchen, Wiener Neustadt) zu hinterfragen. Sobotka tat die Einwände, das Land hätte doch auch Krankenhäuser konzentrieren und damit Geld sparen können, als "völlig absurd" ab.

Patchworkfamilie

Noch emotionaler wird der Vater von sechs leiblichen und zwei Stiefkindern, wenn es um die Veranlagung von Erlösen aus verkauften Wohnbaudarlehen geht. Laut Rechnungshof blieb die Performance weit unter den Erwartungen. Dass ein Land vielleicht gar nicht spekulieren sollte, kam dem Finanzlandesrat nie in den Sinn. Im "Falter" gab er jüngst zu Protokoll: "Es gab nur einen Fehler. Wir hätten die Landtagsabgeordneten so lange briefen müssen, bis sie das alles verstehen und mitgehen."

Zu Erwin Pröll ist das Verhältnis laut schwarzen Kreisen mittlerweile mehr als abgekühlt. Da der mächtige Landeshauptmann offenbar Mikl-Leitner und nicht ihn zur Nachfolgerin auserkoren hat, soll sogar ein geplantes Geburtstagsfest für Sobotka Anfang des Jahres abgesagt worden sein. Er selbst will von einem Bruch freilich nichts wissen: "Zwischen Erwin Pröll und mich passt kein Blatt Papier", erklärte er in "News".

Stiländerung

In der Bundesregierung will er künftig weniger polternd auftreten. Sein Stil werde sich sicher ändern, versprach er in Antrittsinterviews. Das wird wohl auch nicht anders gehen. Denn einen Gesetzesentwurf von Parteichef Mitterlehner als "vertrottelt" zu bezeichnen, wie er das beim Wohnbaugesetz tat, wäre einem gedeihlichen Miteinander im schwarzen Regierungsteam wohl eher abträglich. Ebenso das öffentliche Artikulieren von Rachegelüsten gegen Finanzminister Hans Jörg Schelling wegen dessen Hypo-Strategie, die dem Land Niederösterreich Geld kostete.

Auch wenn das Asylthema derzeit ein omnipräsentes ist, will Sobotka sein Leben nicht komplett umkrempeln. Wohnen wird er weiterhin in Waidhofen, wo er Anfang der 80er-Jahre sowohl seine berufliche (Geschichte- und Musiklehrer) als auch seine politische Karriere (ab 1982 Gemeinderat) startete. Dort will er auch in Zukunft einmal die Woche mit dem örtlichen Kammerorchester musizieren. Sobotka dirigiert nämlich für sein Leben gern. Vielleicht verlegt er aber seinen Wohnsitz auch aus einem anderen Grund nicht nach Wien. So mancher Parteikenner glaubt nämlich, dass der neue Innenminister noch immer auf die Pröll-Nachfolge spitzt. (Günther Oswald, 21.4.2016)