Eine Villa aus der Serie "Vorstadtweiber": Stefan Teuber fand sie durch die richtigen Kontakte.

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In der ORF-Serie "Vorstadtweiber" ist die Villa das exklusive Zuhause von Caroline Melzer (Martina Ebm), ihrem Mann Hadrian (Bernhard Schir) und dessen Tochter.

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Drehort Eigenheim: Dafür muss ein Haus, so wie die "Vorstadtweiber"-Villa, das gewisse Etwas haben.

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Ein solches Haus sagt auch einiges über seine filmischen Bewohner aus.

Foto: Stefan Teuber

Von der Straße aus wirkt das Haus fast unbewohnt: Dort, wo die streng symmetrische Glasfassade nicht von hinuntergezogenen Rollläden bedeckt wird, sind die Vorhänge zugezogen. Hinter dem Haus bellen Hunde. Sonst regt sich hier nichts an diesem Mittwochvormittag.

Montagabends aber wird der Villa im noblen Döbling schlagartig Leben eingehaucht. Dann wohnen Hadrian und Caroline Melzer in dem Haus, das ein bisschen an eine Schuhschachtel erinnert. In ihren höchst exklusiv eingerichteten vier Wänden leben sie dann lautstark ihre Ehe – und vor allem die damit einhergehenden Probleme – aus. Seit kurzem gehen die beiden sogar zur Sextherapie. Hadrian kann – oder will – nicht mehr. Die um einige Jahre jüngere Caro verliert langsam die Geduld.

Ungewöhnliche Objekte

Für die Probleme der Melzers in der TV-Serie "Vorstadtweiber", deren zweite Staffel montags zur Primetime auf ORF 1 über die Bildschirme flimmert, interessiert sich Stefan Teuber herzlich wenig. Er zählt nicht zu den bis zu 900.000 Menschen, die einschalten, wenn die Döblinger "High Society" persifliert wird.

Die Villa von Caro und Hadrian kennt Teuber aber dennoch fast wie seine Westentasche. Teuber – ein ruhiger, überlegter Typ mit akkurat getrimmtem Bart – ist nämlich Location-Scout: Er sucht Drehorte für Filme und Werbungen. Seit 16 Jahren ist er im Geschäft, mittlerweile stellt er rund 800 Locations auf seiner Homepage vor. Darunter befinden sich nicht nur Häuser und Wohnungen in allen Preiskategorien, sondern auch ungewöhnliche Objekte wie Industriehallen und Spukschlösser. Teuber sucht, was Drehbuch – und Regisseur – verlangen.

Manchmal findet er eine Location durch die richtigen Kontakte – die Villa der Melzers zum Beispiel, die Teuber seit einigen Jahren im Angebot hat. Eine Kollegin machte ihn damals auf das Haus aufmerksam. Die Besitzer waren sofort einverstanden. Manche Locations findet der Scout aber auch per Zufall auf Spaziergängen: Dann wirft er einen Zettel mit der Bitte um Rückruf in den Briefkasten. Oder er läutet gleich selbst an und fragt, ob er sich das Haus von innen anschauen darf.

Lage, Lage, Lage

Denn eine vielversprechende Fassade ist erst die halbe Miete: Auch Details wie die Raumaufteilung müssen passen. Zu eng und verwinkelt darf es nicht sein: Ein Filmteam braucht viel Platz. Und wie bei allen Immobilien spielt auch bei Filmlocations die Lage eine wichtige Rolle. Einerseits nämlich die Distanz zu den anderen Drehorten, die aus logistischen Gründen möglichst nahe beieinanderliegen sollten. Andererseits ist auch die Lage im Haus wichtig: Im Normalfall wird im Erdgeschoß oder im ersten Stock gedreht, damit durch Beleuchtung von außen drinnen immer dieselben Lichtverhältnisse herrschen.

Interesse und Bereitschaft daran, seine vier Wände für Filmdrehs zur Verfügung zu stellen, seien in den letzten Jahren gestiegen, sagt Teuber. Mittlerweile fielen die Reaktionen der Menschen "halbe-halbe" aus, wenn er vor der Tür steht: "Die eine Hälfte der Menschen will das nicht, die andere hört sich meinen Vorschlag zumindest an." Das sei aber auch von Bundesland zu Bundesland verschieden: Im Osten, meint Teuber, sie die Zurückhaltung generell größer.

Mittlerweile sei bekannt, dass man sich mit dem kurzzeitigen Vermieten der eigenen vier Wände ein nettes Zubrot verdienen kann. Bei einer Wohnung könne man im Schnitt mit einer Monatsmiete pro Drehtag von Filmen oder Werbungen rechnen, sagt Teuber. Auf- und Abbautage würden mit gut der Hälfte davon vergütet. Nur in besonderen Ausnahmefällen würden Spitzenpreise von bis zu 4000 Euro pro Tag für eine Wohnung bezahlt.

Vertrag nötig

Das beeindruckt nicht alle: Sandra Bauernfeind, Wohnimmobilienexpertin bei EHL Immobilien, wird zwar immer wieder von Location-Scouts gefragt, ob Wohnungen, die sie im Angebot hat, tageweise gemietet werden können. "Bei den Eigentümern stößt das aber auf wenig Gegenliebe." Denn oftmals gebe es keinen Vertrag – die Frage, wer etwaige Schäden an der Wohnung übernimmt, bleibt also offen. Und auch das Budget stimme oft nicht.

Experten betonen, dass auf jeden Fall ein Vertrag aufgesetzt werden muss. So müsse beispielsweise festgehalten werden, dass die Wohnung im Ursprungszustand wieder übergeben wird – dieser also vor Beginn der Dreharbeiten genau dokumentiert werden. Denn mitunter würden die Wände in einer anderen Farbe gestrichen, die Wohnung komplett aus- und mit anderen Möbeln wieder eingeräumt.

Worauf man sich als Bewohner eines Drehorts einstellen muss? "Auf das Schlimmste", sagt Teuber. "So ein Dreh ist eine enorme Einschränkung", warnt er. Und das müsse man auch so kommunizieren. "Alles andere frustriert die Menschen." Denn wenn mehrere Tage lang gedreht wird, dann sei ein Bewohnen des Sets für die Bewohner mitunter unmöglich. Sie werden ins Hotel ausquartiert.

Vermieter fragen

Wer seine Mietwohnung für einen Dreh zur Verfügung stellt, tut auch gut daran, mit dem Vermieter Rücksprache zu halten, betont Wolfgang Kirnbauer vom Mieterschutzverband: "Denn der Mieter mietet die Wohnung meist nur zu Wohnzwecken", sagt der Mieterschützer. "Wird dieser Zweck nicht eingehalten, kann der Vermieter die Unterlassung der zweckwidrigen Verwendung fordern."

Auch durch die Beschädigung der Wohnung und die Störung anderer Hausbewohner könnten die Interessen des Vermieters verletzt werden. Fände eine Vermietung an Filmteams regelmäßig statt, dann hätte eine Kündigung des Mietvertrags gute Chancen, glaubt der Mietrechtsexperte.

Dennoch: Immer öfter würden Interessierte ihr Haus als Drehort vorschlagen, sagt Teuber. Oft passen diese Locations aber nicht. "Zu normal" darf das Objekt nämlich auch nicht sein. Begehrt sind alte Wohnungen ab einer Größe von 150 Quadratmetern, die "nicht toprenoviert sind, sondern an denen der Zahn der Zeit nagt".

Aufbruchsstimmung

Doch die ideale Filmlocation muss noch mehr Voraussetzungen erfüllen: "Sie sollte sich im Normalfall nicht in den Vordergrund drängen", sagt Teuber. Und das Haus sagt auch einiges über die Bewohner aus, meint der Location-Scout im Garten der Döblinger Villa stehend, in der jeden Montag die Melzers wohnen: "Ein solches Haus deutet auf einen leichten, offenen Typen hin, der nicht zu eingeschachtelt ist. Hier wohnt kein biederer Charakter." Sondern eben Caroline Melzer, die auch außerehelichen Affären nicht abgeneigt ist.

Manche Locations müssen überhaupt im Studio nachgebaut werden: "Einmal stand in einem Drehbuch, dass ein Waldschloss bis auf die Grundmauern abbrennen soll. Da hab ich nicht einmal mit der Suche begonnen", so Teuber.

Zwar lerne man mit den Jahren, sich vorzustellen, wie es hinter den Fassaden aussieht. Überraschungen gibt es dennoch. In einem bieder wirkenden Haus etwa, das Teuber sich vor kurzem angeschaut hat: "Es sah innen aus wie ein Raumschiff. Und die Kücheninsel war die Kommandozentrale." Nicht, dass es nicht dafür irgendwann auch filmische Verwendung geben könnte. Bei den "Vorstadtweibern" aber wohl eher nicht. (Franziska Zoidl, 30.4.2016)