Wien – Über zehn Jahre war der resolute Steirer Jürgen Rainer von der Fraktion Christlicher Gewerkschafter (FCG) oberster Vertreter der Lehrer an den berufsbildenden mittleren und höheren Schulen (BMHS). Am Gewerkschaftstag am Freitag übergibt der 65-Jährige das Zepter an den FGCler Roland Gangl (44). Er werde hart für die Interessen der Lehrer kämpfen, kündigt der Niederösterreicher der APA an.

Gangl, der als Experte für Dienstrechtsfragen gilt, war bereits in den vergangenen zehn Jahren Rainers Stellvertreter. Seine Wahl gilt als fix, stellt doch seine Fraktion bei den BMHS-Lehrern die absolute Mehrheit. Auch bei der Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter (FSG) und den Unabhängigen Lehrergewerkschaftern (ÖLI-UG) ist man dem Nachfolgekandidaten gewogen, heißt es dort auf APA-Nachfrage. Die Wahlentscheidung treffe allerdings jeder Gewerkschafter selbst.

Hartnäckiger Interessenvertreter

Gangl, geboren am 19. April 1972 in Neunkirchen, sieht seine Rolle vor allem in der Standesvertretung: "Meine primäre Aufgabe ist es, die Interessen der Kollegen in dienst- und besoldungsrechtlichen Belangen bestmöglich zu vertreten" – und zwar "hartnäckig". Neben seiner Tätigkeit in der Gewerkschaft unterrichtet der verheiratete Vater zweier Kinder auch noch "wenig, aber ein bisschen" an der Höheren Lehranstalt für wirtschaftliche Berufe in Baden. Als oberster BMHS-Lehrervertreter steht Gangl künftig einem bunt zusammengewürfelten Haufen vor: Die rund 22.000 BMHS-Pädagogen setzen sich nicht nur aus typischen Lehrern zusammen, sondern ebenso aus Fachpraktikern der unterschiedlichsten Gebiete.

Der Weg zum Lehrer führte den Sohn eines Schlossers und einer Hausfrau über Umwege: Zwar begann er 1991 mit Wirtschaftspädagogik an der Wirtschaftsuniversität (WU) ein Lehramtsstudium, arbeitete aber parallel bereits in diversen Abteilungen des Werkzeugherstellers Hilti. Erst nach Abschluss des Studiums 1997 entschied er sich, "dann doch" in den Lehrberuf zu wechseln. 2004 wurde Gangl zum Vorsitzenden des BMHS-Fachausschusses in Niederösterreich gewählt und engagierte sich auch auf Bundesebene bei der FCG. Ab 2006 war er stellvertretender Vorsitzender der BMHS-Gewerkschaft.

Kampf um ausreichende Finanzierung

Wichtig für die kommenden Jahre ist Gangl vor allem eine ausreichende Finanzierung der BMHS, um die gesetzlichen Teilungen der Schülergruppen einzuhalten, vor allem beim Unterricht in den Werkstätten. Den derzeit forcierten Ausbau der Schulautonomie begrüßt er prinzipiell. "Aber was ich nicht möchte, ist Schulautonomie zu einer Mangelwirtschaft", pocht er auf genügend Ressourcen. Die Schulen seien schon jetzt an der Grenze. Er betont außerdem den Stellenwert der berufsbildenden mittleren Schulen in Österreichs Bildungslandschaft: "Das ist eine Aufstiegsschule." Hier würden Jugendliche teils schwieriger sozialer Herkunft fit für den Arbeitsmarkt gemacht, über Aufbaulehrgänge seien sie auch ein Weg zur Matura. In der Zusammenarbeit mit den anderen Fraktionen will Gang den Weg seines Vorgängers Rainer fortsetzen und das Gemeinsame in den Vordergrund stellen.

Rainer konnte poltern

Jürgen Rainer, BMHS-Vorsitzender seit 2005, war laut Weggefährten jemand, der innerhalb der Gewerkschaft "den Kompromiss eher gesucht hat als den Streit". Nach außen konnte der Steirer aber auch ordentlich poltern, wenn er die Interessen der BMHS-Lehrer gefährdet sah: Um eine Sparverordnung des Bildungsministeriums zu blockieren, rief er zum Boykott der Diensteinteilungen auf. "Wenn das so kommt, marschieren wir kerzengerade in einen Arbeitskampf" warnte er kurz vor Abbruch der Verhandlungen zum neuen Lehrerdienstrecht 2013. Vier Jahre zuvor, als die damalige Bildungsministerin Claudia Schmied (SPÖ) die Lehrer zu zwei zusätzlichen Stunden verpflichten wollte, kündigte Rainer gar einen "Flächenbrand" im gesamten öffentlichen Dienst an und warnte vor einem Generalstreik. (APA, 20.4.2016)