Belgrad/Wien – Nach Schließung der bisherigen Flüchtlingsroute über den Balkan nimmt die Zahl illegal eingereister Personen in Serbien offenbar wieder zu. Die Zahl an Neuankömmlingen, die in zwei Parkanlagen in Belgrad in der Nähe des Busbahnhofes, aber auch in einigen anderen Städten des Landes zu sehen sind, dürfte derzeit bei täglich im Durchschnitt 200 liegen, schätzt das Belgrader Zentrum für Asylhilfe.

Es komme demnach momentan aber nicht zu einer immer größer werdenden Ansammlung, da Menschen auch in der Größenordnung von rund 200 die Anlagen wieder verließen. Neu ist für Zentrums-Leiter Rados Djurovic, dass die Flüchtlinge aus Syrien, dem Irak und Afghanistan, aber auch anderen Staaten über eine andere Route nach Serbien gelangen: 80 Prozent der Eintreffenden kämen nun aus der Türkei über Bulgarien. Nur mehr etwa 20 Prozent über Griechenland und Mazedonien, sagte Djurovic.

Geschäft der Schlepper

Die Flüchtlinge durchquerten Bulgarien häufig zu Fuß, sie seien dabei völlig auf Schlepper angewiesen. "Für die Behörden sind sie unsichtbar, da sie an der Grenze nicht als Flüchtlinge registriert wurden", erläuterte Djurovic. Er sprach sich dafür aus, illegal Eingereisten eine vorläufige Aufenthaltsgenehmigung in Serbien zu erteilen, um so Schlepperbanden einzudämmen. Erst vor wenigen Tagen wurden in einer Belgrader Wohnung 18 unregistrierte Afghanen entdeckt.

Laut dem Zentrum für Asylhilfe und den Aussagen einzelner Flüchtlinge verlangen Schlepper derzeit bis zu 2.000 Euro pro Person, damit sie Flüchtlinge aus Serbien über Ungarn nach Österreich befördern. Der Preis schließe nicht selten Bestechungsgelder für Grenz- und Verkehrspolizisten ein, heißt es.

Es gehe bei der Schlepperkriminalität um ein breiteres Problem, das nicht nur Serbien betreffe und das Serbien nicht alleine lösen könne, mahnte Djurovic. Angesichts der für Flüchtlinge geschlossenen Grenzen zu Ungarn und Kroatien laufe Serbien Gefahr, in eine ähnliche Situation zu geraten wie Griechenland vor der Schließung der Balkanroute.

Knapp 200 Flüchtlinge nach Griechenland

Ebenfalls leicht gestiegen ist die Zahl der Flüchtlinge, die aus der Türkei nach Griechenland kommen. In den vergangenen 24 Stunden setzten 176 Menschen von der türkischen Ägäisküste auf griechische Inseln über, teilte der Stab für die Flüchtlingskrise in Athen am Mittwoch mit. Am Vortag waren 150, am Montag 66 und am Sonntag nur 30 Menschen gekommen.

Die Zahl der Ankünfte ist damit weiterhin deutlich geringer als in den vergangenen Monaten. Im März und Februar setzten nach Angaben des UN-Flüchtlingshochkommissariats UNHCR im Schnitt täglich jeweils 870 und knapp 2.000 Menschen über. Im Herbst 2015 waren es bis zu 7.000 täglich.

325 Menschen in die Türkei

Seit Inkrafttreten des Flüchtlingspakts zwischen Brüssel und Ankara am 20. März können Schutzsuchende, die von der Türkei nach Griechenland gelangen, in die Türkei zurückgeschickt werden. Ziel der Vereinbarung ist es, die Zahl der Ankünfte in Europa einzudämmen und die Menschen von der gefährlichen Reise über die Ägäis abzuhalten.

Bisher sind 325 Menschen in die Türkei zurückgeschickt worden. Weitere Abschiebungen dürfte es vorerst nicht geben, weil der Großteil der Ankommenden Asylanträge stellt, die zunächst einzeln überprüft werden müssen. Dies geht nur mühsam voran, weil nur die Hälfte der nötigen Asylentscheider aus anderen EU-Staaten in Griechenland angekommen sind, wie Athen mitteilte. (APA, 20.4.2016)