Kommt das Gespräch auf die österreichische Designszene, geht es in der Regel um die Vienna Design Week. Der Grazer Designmonat (heuer von 29. April bis 30. Mai) kann zwar, was die internationale Reputation betrifft, mit der Wiener Partie nicht mithalten, die Designfestspiele an der Mur müssen sich jedoch keineswegs verstecken und haben einen entscheidenden Vorteil: Dauert die Sause in Wien zehn Tage, darf man sich in der Steiermark gleich einen ganzen Monat an mannigfaltigen Spielarten des Designs erfreuen.

Immerhin besuchten im vergangenen Jahr über 60.000 Menschen gut 90 Veranstaltungen unterschiedlichsten Formats in der Unesco-City of Design zu der auch heuer wieder Designschaffende aus dem ganzen Land, aber auch aus den City-of-Design-Partnerstädten wie Detroit, Berlin oder Montreal anreisen werden.

Design Thinkers aus Kunststoff

Der Designmonat, der von der Creative Industries Styria Gmbh (CIS) organisiert wird, steht heuer unter dem Motto "Design Thinking – Thinking Design". Was im ersten Moment etwas kryptisch klingt, bringt unter anderem der Künstler Ottmar Hörl mit seinen rund 50 Kunststofffiguren "Design Thinkers" auf den Punkt. Diese werden im Rahmen eines Projekts von "MuR – Modernes und Raritäten" auf verschiedenen Plätzen in Graz aufgestellt. Das Fernglas, das sie vor den Augen tragen, steht als Sinnbild für Fragen und daraus resultierende Denkanstöße.

Einige der Figuren werden den Blick vom Grazer Schlossberg auf die Dächer der Stadt werfen. Fragen, die man sich stellen könnte, lauten: "Wohin wächst Graz?" oder "Wie entwickelt sich der urbane Lebensraum?" Auch wenn die roten Kerle in ein Fernglas und nicht in eine Kristallkugel schauen, gibt die Aktion bestimmt so manchen Anstoß, was die Zukunft unseres Lebensraums betrifft. Auch das kann Design.

Alles Design

Fixstarter sind auch heuer wieder das Mode- und Designfestival Assembly im Joanneumsviertel samt Street- Fashion-Show, der "Design-Supermarket" oder die Ausstellung "Selected 2016", die einen Überblick über die aktuellsten Interior-Design-Trends aus ganz Europa gibt. Zu sehen sind insgesamt 47 Labels aus 15 Ländern.

Das Projekt "Klanglicht", eine Art Design-Parcours, zaubert der Stadt pünktlich mit Einsetzen der Dunkelheit mithilfe zahlreicher Großprojektoren, Beamer, LEDs und Verstärkern Licht- und Klangspiele unter anderem auf die Fassaden von Oper und Schauspielhaus. Apropos zaubern: Unter dem Motto "Poesie in Licht und Papier" zeigt der südfranzösische Designer Charles Macaire seine scheinbar schwebenden Lichtobjekte, die in Kleinserien in Marokko gefertigt werden.

Wem es in der Stadt zu viel wird, kann beim Programmpunkt "Slow" etwas leiser treten und muss sich doch nicht aus dem Reigen ausklinken. Auf Schloss Hollenegg in der Weststeiermark widmet man sich nämlich von 8. bis 10. Mai Designobjekten, die in einem langsamen Prozess entstanden sind und das Verhältnis zur Langsamkeit in ein positives Bewusstsein rücken sollen.

Mit von der Partie sind Gestalter wie der Brite Dean Brown oder Mischer'Traxler. Es gibt aber noch mehr Gründe, den Designmonat zu besuchen. Bis zur Vienna Design Week dauert es noch ganze fünf Monate. (Michael Hausenblas, RONDO, 26.4.2016)