2,3 Millionen Hektoliter Wein haben die Österreicher im Vorjahr getrunken.

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Wer trinkt am meisten Wein? Nein, es sind nicht die Franzosen oder die Italiener, sondern die US-Amerikaner. Laut den Statistiken der Internationalen Organisation für Wein und Weinbau (OIV) haben sie 2015 mehr als 31 Millionen Hektoliter Wein konsumiert.

Damit liegen sie vor allen traditionellen Weinbauländern. Und während dort weniger Wein als früher getrunken wird, haben auch die Deutschen mit 20,5 Millionen Hektoliter Weinkonsum pro Jahr zu den Italienern aufgeschlossen und dürften sie bald überholen.

Chinesen kompensieren

Insgesamt wurden im vergangenen Jahr 240 Millionen Hektoliter Wein mit oder ohne Kohlensäure getrunken, ebenso viel wie Vorjahr. Die Chinesen kompensieren die abnehmende Trinklust in Frankreich, Italien und auch Österreich (2015 noch 2,3 Millionen Hektoliter, 600.000 Hektoliter weniger als im Vorjahr): Mit 16 Millionen Hektoliter tranken die Chinesen im vergangenen Jahr mehr Wein als etwa die Spanier.

Und dieser Trend dürfte sich weiter verstärken. China legt nämlich immer mehr Weinberge an: Seit der Jahrtausendwende hat die Anbaufläche um elf Prozent zugenommen, während sie in Frankreich, Spanien, Italien und der Türkei um insgesamt sechs Prozent zurückging. Mit 830 Millionen Hektar verfügt China heute schon über mehr Weinanbaufläche als Frankreich. Nur Spanien kommt noch auf eine höhere Zahl, doch auch dort sie ist im Abnehmen begriffen.

Geringe Erträge

Die chinesischen Weinberge ergeben derzeit noch relativ geringe Erträge. Doch wie OIV-Direktor Jean-Marie Aurand bei einer Pressekonferenz in Paris erklärte, ist es nur eine Frage der Zeit, bis auch die Chinesen den Weinbau besser meistern. Das wird ihnen vielleicht nicht erlauben, die gleichen Qualitätsweine wie in Europa zu produzieren, aber quantitativ dürften die chinesischen Weine bald ihren Siegeszug um die Welt antreten.

Wie sehr die Globalisierung im Winzergeschäft voranschreitet, zeigen auch die Weinexporte. Zugenommen haben sie im vergangenen Jahr aus den USA und der südlichen Hemisphäre. Auch in Österreich legten sie 2015 um zehn Prozent zu (auf 494.000 Hektoliter).

Spanien bleibt Hauptausfuhrland

Spanien bleibt volumenmäßig das Hauptausfuhrland für Wein; Frankreich erzielt mit seinen teuren Edelweinen aus dem Bordeauxgebiet, dem Burgund und der Champagne die höchsten Exporterlöse. Doch Herstellerländer wie die USA, Chile und Neuseeland haben 2015 einen noch viel höheren Ertragszuwachs von bis zu 26 Prozent erzielt.

Alles in allem erlaubt der Weinbau weiterhin wachsende Margen, obschon die Anbaufläche und der Konsum insgesamt etwa gleich bleiben. Das gilt sowohl für die angestammten Produzentenländer, die ihr Weingebiet eher reduzieren, als auch für die Neue Welt, die weiterhin neue Weinberge anlegt. Der Handel um die Welt nimmt ebenfalls zu: "Von fünf Flaschen werden mehr als zwei nicht in dem Land getrunken, in dem sie abgefüllt werden", stellte Jean-Marie Aurand fest.

Sintflutregen

Ob und wie stark die Klimaerwärmung Einfluss auf die Produktionsorte und die Handelsströme hat, lässt sich laut dem OIV-Direktor nicht sagen. Fürs Erste, so meinte Aurand, fürchteten die Winzer weniger die früheren Ernten und den höheren Alkoholgrad; nötig würden hingegen Vorkehrungen gegen die zunehmende Naturgewalt in Form von Trockenheit, sintflutartigen Regenfällen und Schädlingswanderungen. Wegen Eis und Hagel erwarte Brasilien zum Beispiel einen Ernteeinbruch um 50 Prozent.

Unbestreitbar ist, dass Regionen wie Spanien und Nordafrika langfristig generell zu den Opfern der Klimaerwärmung zählen werden. Auch in Frankreich und Italien wandern die Idealbedingungen bei einer Temperaturzunahme um ein Grad knapp 200 Kilometer nach Norden. Das französische Champagnerhaus Taittinger hat in England kürzlich Rebberge gekauft, um dort Schaumwein zu produzieren. (Stefan Brändle, 18.4.2016)