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Skopje – Die Proteste gegen die Entscheidung des mazedonischen Präsidenten Gjorge Ivanov über die Politiker-"Amnestie" dürften nach einem in Skopje ruhig verlaufenen Sonntag einen neuen Aufschwung erhalten. Der Bürgerverband "Protestiram" (Ich protestiere) kündigte für Montag in der Hauptstadt und zum ersten Mal auch in Stip und Kumanovo neue Demonstrationen an. Gefordert wird der Rücktritt des Staatschefs.

In Bitola, wo seit Tagen Proteste anhalten, kam es am Sonntagabend zu einer gewaltsamen Auseinandersetzung zwischen Demonstranten und der Polizei. Zehn Demonstranten und vier Polizisten wurden laut Medienberichten verletzt. Demonstriert wurde auch in Veles.

Politkrise

Mazedonien steckt seit den vorgezogenen Parlamentswahlen im April 2014 in einer tiefen politischen Krise. Sie hatte sich Anfang des Vorjahres zugespitzt, als die Opposition Tonbandaufnahmen präsentierte, die von einem gesetzwidrigen Abhören von mehr als 20.000 Bürgern zeugten. Ivanov hatte vergangene Woche 56 Politiker amnestiert, die in den Korruptions- und Abhörskandal verwickelt sein sollen, und goss damit erneut Öl ins Feuer.

Die unter der EU-Vermittlung im Sommer 2015 erzielte Vereinbarung der vier führenden Parteien zur Lösung der politischen Krise, die unter anderem die Abhaltung von Neuwahlen am 24. April vorsah, ist vor dem Scheitern. Die Wahlen wurden in der Vorwoche für den 5. Juni ausgeschrieben. Die Opposition hatte allerdings ihren Boykott angekündigt. Gemäß einer Meinungsumfrage würde dieser derzeit von rund 53 Prozent der Bürger unterstützt. Durch die Entscheidung Ivanovs ist die Arbeit der Sonderstaatsanwaltschaft, die seit September die politischen Affären untersucht, praktisch ausgesetzt. (APA,18.4.2016)