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Demonstration für ein Ja zum Referendum im Zentrum von Rom.

Foto: REUTERS/Remo Casilli

"Das Abstimmungsresultat ist ein Sieg für die 11.000 Menschen, die auf den Plattformen arbeiten und die wegen des Referendums um ihren Job bangten", erklärte Italiens Premier Matteo Renzi am späten Sonntagabend, als das Resultat der Volksabstimmung feststand. Nur gerade 31 Prozent der 47 Millionen Stimmberechtigten hatten sich an die Urnen begeben – damit das Referendum gültig gewesen wäre, hätte die Stimmbeteiligung mindestens 50 Prozent betragen müssen.

Von den wenigen Italienern, die sich an der Abstimmung beteiligten, hatten 86 Prozent ein Ja auf den Stimmzettel geschrieben. Sie waren also einverstanden mit der Forderung von Umweltverbänden und neun Regionalregierungen, dass die Konzessionen für die bestehenden Öl- und Gasplattformen innerhalb von zwölf Meilen (22 Kilometer) vor den Küsten nach ihrem Ablaufen nicht mehr weiter verlängert werden – auch wenn die Vorkommen unter den Bohrinseln noch nicht erschöpft sind. Vor Italiens Küsten befinden sich insgesamt 135 Offshore-Plattformen, von denen 92 innerhalb der Zwölf-Meilen-Zone liegen.

Keine neuen Bewilligungen mehr

Gemäß einem Dekret der R egierung können diese Plattformen nun so lange fördern, bis kein Öl und Gas mehr vorhanden ist. Bei dem Referendum ging es ohnehin nur um den Zeitrahmen, bis wann innerhalb der Zwölf-Meilen-Zone keine Plattformen mehr stehen werden. Denn neue Bewilligungen werden nicht mehr erteilt. Die Öl- und Gasförderung außerhalb der Zwölf-Meilen-Zone war vom Referendum nicht betroffen, ebenso wenig jene auf dem Festland. Die relativ geringen Auswirkungen in der Praxis dürften maßgeblich zur geringen Stimmbeteiligung beigetragen haben.

Politisch gesehen ist das Scheitern des Referendums ein Sieg für den Premier. Denn die Plattformgegner hatten den Urnengang zu einem Referendum über den Regierungschef persönlich stilisiert. Renzi wurde im Abstimmungskampf eine große Nähe zur Öl- und Gas-Lobby unterstellt und vorgeworfen, die staatlichen Förderungen für Alternativenergien drastisch gekürzt zu haben. Dass seine Ministerin für wirtschaftliche Entwicklung, Federica Guidi, vor wenigen Tagen im Zusammenhang mit einem Bewilligungsverfahren für eine Erdölraffinerie zurücktreten musste, hatte der Abstimmung eine zusätzliche Brisanz verliehen.

Triumph für Renzi

Doch Renzi hat trotz sinkender Umfragewerte nach wie vor einen größeren Rückhalt in der Bevölkerung, als seine Gegner insgeheim erhofft hatten. "Diejenigen, die mit dem Referendum aus persönlichen Motiven einen ideologischen Krieg geführt haben, sind die Verlierer", erklärte Renzi triumphierend. Die 300 Millionen Euro, die die Abstimmung den Staat gekostet habe, "hätte man sich sparen können".

Auch die neun Regionalpräsidenten, die das Referendum unterstützt hatten und die fast ausnahmslos Renzis Partei PD angehören, bekamen eine Breitseite: "Statt gegen die Plattformen vor ihren Küsten zu polemisieren, sollten sie sich um ihre fehlenden oder nicht funktionierenden Kläranlagen kümmern. Sie sind ja nicht einmal imstande, die bereitstehenden EU-Gelder zu verwenden", erklärte der Regierungschef. (Dominik Straub aus Rom, 18.4.2016)