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Um eine weitere Kontenflucht seiner Bürger zu verhindern, beschränkte Griechenland den Abhebungsbetrag auf 60 Euro pro Tag. Vor den Bankomaten bildeten sich Schlangen.

Foto: AP / Thanassis Stavrakis

Negativzinsen, Flüchtlingskrise, Panama Papers, ein möglicher Brexit und kaum Wirtschaftswachstum. Die vielen Krisenherde waren das dominierende Thema auf der Jahrestagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank am Wochenende in Washington. Für angespannte Nerven sorgt zu allem Überfluss, dass die Griechenland-Krise erneut droht virulent zu werden.

Die Furcht geht um, dass sich die unschönen Szenen aus dem vergangenen Jahr wiederholen könnten, als Bankomaten in Griechenland kaum noch Bargeld ausgaben und Menschen in Schlangen standen, um an Cash zu kommen. In der Hellas-Causa wird wieder die Zeit knapp.

Im Juli muss die griechische Regierung 3,5 Milliarden Euro an seine Gläubiger zurückzahlen. Dieses Geld hat Athen nicht. Im vergangenen Sommer haben die Euroländer Griechenland zwar einen dritten Kredit in Höhe von 86 Milliarden Euro zugesagt. Aber nach einer ersten Auszahlung wurde kein frisches Geld mehr überwiesen. Gläubigerländer wie Deutschland und Österreich wollen zuerst, dass das Land weitere Reformen durchführt, Pensionen kürzt und sein Privatisierungsprogramm auf Schiene bringt. Bisher konnte man sich nicht über die weiteren Maßnahmen mit Athen einigen.

Heikle Angelegenheit

Noch heikler wird die Angelegenheit, weil Athen den Löwenanteil der Zahlung an die EZB leisten muss. Die Zentralbank in Frankfurt hat in der Vergangenheit griechische Staatsanleihen gekauft. Europäische Diplomaten fürchten, dass eine fehlende Einigung wieder dazu führen könnte, dass Bankkunden in Hellas nervös werden und so wie 2015 damit beginnen ihre Konten zu leeren. Nur die EZB könnte verhindern, dass in diesem Fall das Geld bei Griechenlands Kreditinstituten knapp wird. Solange aber nicht gesichert ist, dass die EZB ihr Geld bekommt, wird sie nicht gewillt sein, aktiv zu werden.

Verkomplizierend kommt hinzu, dass zwischen dem Währungsfonds und den Europäern ein Streit darüber tobt, wie groß der geplante Schuldenschnitt für Athen ausfallen soll. Wegen dieses Konfliktes weigerte sich der IWF bisher, beim dritten Hilfsprogramm mitzuziehen.

Vor allem dem Deutschen Bundestag ist das wichtig, der IWF soll skeptische deutsche Abgeordnete, die nicht an die Hellas-Programme glauben, beruhigen. Der Währungsfonds pochte ursprünglich auf einen Schuldennachlass für Athen. Das kann er leicht, da er sich selbst daran nicht beteiligen wird.

Mehr Zeit für Hellas

Inzwischen scheint sich der Fonds aber mit der europäischen Lösung für das Problem abgefunden zu haben. Hellas wird keinen Schuldenerlass bekommen, dafür aber länger Zeit erhalten, um seine Verbindlichkeiten abzuzahlen. Die Fälligkeiten der Darlehen sind schon gestreckt worden. Die Kredite aus dem ersten Hilfsprogramm 2010 muss Athen zum Beispiel erst zwischen 2022 und 2042 zurückzahlen. Diese Termine könnten Jahre oder Jahrzehnte nach hinten verschoben werden.

IWF-Chefin Lagarde kündigte in Washington bereits an, dass der Währungsfonds wieder an Bord kommen werde. Doch dafür muss man sich zunächst über die Fristenstreckung einigen. Der Fonds scheint auch Griechenlands Haushalt pessimistischer zu beurteilen und größere Einsparungen bei den Pensionen verlangen zu wollen.

Europäische Diplomaten sind nervös, weil so viele Hürden auf einmal genommen werden müssen. Gerät der Verhandlungsprozess an einer Stelle ins Stocken, könnte das die ganze Vereinbarung gefährden, wird befürchtet.

Zumal der Ton rauer wird. Ein EU-Diplomat erzählt, Griechenlands Regierung verzögere eine Einigung im Hinblick auf das britische EU-Austrittsreferendum bewusst. Die Strategie dahinter: Die Union könne sich nicht leisten, zwei Länder zu "verlieren", und werde daher Athen entgegenkommen. Ob das wirklich eine Überlegung der Griechen ist oder Athen nur der schwarze Peter zugeschoben werden soll, lässt sich nicht genau sagen.

IWF-Rückkehr nach Athen

Eine Möglichkeit, um die Debatten abzukürzen, wäre, dass der IWF nur beratend am Griechenlandprogramm teilnimmt, aber keine Kredite vergibt. Geld hätten die Europäer ja genug. Doch die Symbolik dahinter wäre fatal, warnt ein in die Gespräche Involvierter.

Ziel ist es, dass Griechenland sich in naher Zukunft wieder über die Kapitalmärkte finanziert. Aber wie sollten Investoren aus den USA oder Großbritannien bereit sein, Hellas Geld zu borgen, wenn das selbst der Währungsfonds nicht tut? Ein IWF-Team kehrt ab Montag nach Athen zurück. Bei den Gesprächen sollte man aber mit keinen "unverzüglichen" Ergebnissen rechnen, sagte Lagarde. (András Szigetvári, 17.4.2016)