"Spaßvereine" verzerren den Wettbewerb "auf Kosten der Gastronomie", kritisiert der Fachverband Gastronomie-Obmann Mario Pulker.

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Wien – Die steuerliche Begünstigung von Vereinen, die Speisen und Getränke anbieten, schmeckt den österreichischen Gastronomen gar nicht. Der Obmann des Fachverbands Gastronomie in der Wirtschaftskammer, Mario Pulker, spricht von einer "massiven Wettbewerbsverzerrung". Eine vom Fachverband in Auftrag gegebene Studie zeigt, dass durch Vereine erzielte Umsätze teilweise in der Kleingastronomie fehlen. Pulker fordert "gleiches Recht für alle".

Mit mehr als 120.000 Vereinen liegt Österreich im internationalen Spitzenfeld. Neben Mitgliedsbeiträgen, Spenden und Förderungen finanzieren sie sich aus gastronomischen Tätigkeiten. Für diese fallen nicht dieselben Regelungen an wie für einen der Gewerbeordnung unterliegenden Gastronomiebetrieb. Sogenannte "kleine Vereinsfeste" sind von der Umsatzsteuerpflicht ausgenommen, unter bestimmten Umständen auch von der Registrierkassenpflicht.

Vereinsfeste "auf Kosten der Gastronomie"

Um als kleines Vereinsfest zu gelten, muss eine Reihe von Voraussetzungen erfüllt werden. Die Veranstaltung muss von Mitgliedern des Vereins oder nahen Angehörigen organisiert und durchgeführt werden, das Angebot an Verpflegung muss beschränkt sein und darf nicht von einem Gastronomiebetrieb bereitgestellt werden.

Laut dem Fachverband für Gastronomie werden jedoch "fast alle Veranstaltungen" als kleines Vereinsfest deklariert, ohne sich an die bestehenden Grenzen zu halten. So würden "zu Unrecht" Privilegien in Anspruch genommen – "auf Kosten der Gastronomie", sagt Pulker am Freitag bei einer Pressekonferenz in Wien. Es sei zudem nicht gerechtfertigt, dass bei der Definition des kleinen Vereinfestes nicht auf eine maximale Besucheranzahl oder Umsatzhöhe abgestellt wird, ergänzt Fachverbandsgeschäftsführer Thomas Wolf.

Wettbewerbsverzerrung durch "Spaßvereine"

Die Interessenvertreter betonen, es ginge keinesfalls darum, gemeinnützigen Vereinen, welche ebenfalls steuerliche Vorteile genießen, diese streitig zu machen. Freiwillige Feuerwehren und das Rote Kreuz leisteten "einen unverzichtbaren Beitrag für die Gesellschaft", so Wolf. Genau wie Gastronomiebetriebe litten jedoch auch sie unter der zunehmenden Anzahl an "Spaßvereinen", welche "den Wettbewerb verzerren" und "die Realwirtschaft schädigen", klagt Pulker.

Gemeint sind damit von Vereinen organisierte ländliche Feste und Clubbings, bei denen laut Pulker zudem der Alkoholkonsum von Jugendlichen mangels Kontrolle häufig ausufere. Er kritisiert die "hohen Förderungen vonseiten der öffentlichen Hand" für derartige Vereine als "Affront" gegenüber der Gastronomiebranche. Kleine Wirtshäuser sähen sich häufig gezwungen, zu schließen, da sich das gesellschaftliche Leben zunehmend "in Vereinen abspiele". Landflucht und der Verlust von Arbeitsplätzen sei die Folge. Pulker sieht dies in der vom Fachverband Gastronomie in Auftrag gegebenen Studie bestätigt.

900 Millionen Euro Umsatz

Diese stützt sich auf die Hochrechnung einer Befragung von rund 1.400 Personen in Niederösterreich, Oberösterreich, der Steiermark, Kärnten und dem Burgenland. Laut Studienautor Friedrich Schneider von der Kepler-Universität Linz ist ein "eindeutig negativer Trend" bei der "großen Masse" an kleinen gastronomischen Betrieben mit bis zu neun Beschäftigten zu beobachten: Die Zahl der Kleingastronomen ist zwischen 2008 und 2013 um 6,5 Prozent geschrumpft.

Schneider sieht dies in der "scharfen Konkurrenz zu Vereinslokalen" und "massiven Umsatzeinbußen" begründet. Im vergangenen Jahr erwirtschafteten Vereinsfeste und Vereinslokale in den untersuchten Bundesländern rund 900 Millionen Euro – etwa die Hälfte des Umsatzes der dort angesiedelten Kleingastronomie. Dieser Umsatz fehle den Wirten "zumindest teilweise", so Schneider. Auch der öffentlichen Hand würden jährlich rund 130 Millionen Euro an Umsatzsteuer entgehen.

Flatrate für temporäre Arbeitskräfte

Um die ländliche Gastronomie zu unterstützen fordert der Fachverband gleiche Wettbewerbsbedingungen für Gastronomie und Vereine. Eine Reform der in den Vereinsrichtlinien festgeschriebenen Steuerprivilegien sowie die Einführung eines Registers für Veranstaltungen – für mehr Transparenz und Kontrolle – soll dies herbeiführen.

Zudem pocht die Interessenvertretung auf ein Endbesteuerungsmodell für Aushilfskräfte. Dabei könnten Kleingastronomen bei temporärem Bedarf zusätzlicher Arbeitskräfte für diese eine "Flatrate" abführen, welche Sozialabgaben und eine pauschalierte Einkommenssteuer enthält. Vorbild seien die kürzlich in Belgien einführten "Flexijobs" oder auch die "Minijobs" in Deutschland. Laut Wolf würde diese Maßnahme Wirte "bürokratisch entlasten". (Elena Pramesberger, 15.04.2016)