Wien – Nach der rechtsextremen Störaktion bei einer Aufführung des Elfriede-Jelinek-Stücks "Die Schutzbefohlenen" im Audimax der Universität Wien am Donnerstagabend sucht die Polizei weiter nach den Tätern. Die Aktion habe sieben Minuten gedauert, dabei sei es zu einem Handgemenge gekommen, berichtete Polizeisprecher Thomas Keiblinger am Freitag. In acht Fällen werde Anzeige wegen Körperverletzung erstattet.

Während der Aufführung hatten 20 bis 30 Männer die Bühne gestürmt. Laut Augenzeugen entrollten sie auf der Bühne eine Fahne der rechtsextremen "Identitären", berichtete der ehemalige Grünen-Politiker Klaus Werner-Lobo dem STANDARD.

Das Stück wurde für sieben Minuten unterbrochen. Anschließend kehrten die Darsteller auf die Bühne zurück. Die Polizei bestätigte, dass sie an die Uni gerufen wurde. Bei ihrem Eintreffen war die Störaktion allerdings schon vorüber, jetzt suchen die Ermittler nach den Teilnehmern der Aktion. Das etwa 700 Personen fassende Audimax war laut Werner-Lobo voll besetzt.

Kunstblut verspritzt

Laut Polizei wurden bei der Störaktion Flugblätter mit dem Text "Multikulti tötet" in das Publikum geworfen und Kunstblut verspritzt. Nach einem Handgemenge und Gerangel gelang es Teilen des Publikums, die Rechtsextremen hinauszudrängen, acht Personen klagten danach über Schmerzen im Bauchbereich.

Die Darsteller der Aufführung des mit dem Nestroy-Preis ausgezeichneten Stücks waren Schutzsuchende aus Syrien, Afghanistan und dem Irak. Das Drama ging nach einem Konzept und in der Regie von Tina Leisch und Bernhard Dechant unter dem Titel "Schutzbefohlene performen Jelineks Schutzbefohlene" über die Bühne.

Die Studierendenvertreter an der Universität Wien, die zur Veranstaltung geladen hatten, berichten in einer Presseaussendung, dass rund 50 "Identitäre" die Bühne gestürmt hätten und die Flagge der rechtsextremen Bewegung ausrollten und Menschen mit Kunstblut anspritzten. "Das zeigt ganz klar, dass es sich um eine koordinierte Aktion handelt", schreibt die Österreichische HochschülerInnenschaft der Uni Wien. Mehrere Personen aus dem Publikum seien geschlagen, gestoßen und verletzt worden. Die Studierendenvertreter bedankten sich zudem bei den Flüchtlingen dafür, dass sie nach der Störaktion die Veranstaltung fortführten.

Die Identitären selbst bestreiten in einer Aussendung Gewalt ausgeübt zu haben. Sie bestätigen aber, Kunstblut verschüttet zu haben. Die Aktion habe sich nicht gegen die Aslywerber auf der Bühne, sondern gegen die österreichische Asylpolitik gerichtet.

Hundstorfer attackiert FPÖ

Empört reagiert SPÖ-Präsidentschaftskandidat Rudolf Hundstorfer auf den Bühnensturm der Identitären gestern Abend im Wiener Audi-Max. Solche Aktionen seien ein "Alarmzeichen". Mit verantwortlich macht Hundstorfer die FPÖ, die mit ihrer Politik den Nährboden für solch rechtsextreme Gruppen bereite.

Entsprechend warnt der rote Hofburg-Anwärter auch davor, bei der Präsidentenwahl die Stimme dem freiheitlichen Kandidaten Norbert Hofer zu geben. Er fürchte, dass bei dessen Präsidentschaft Gruppen wie die Identitären eine "gewisse Salonfähigkeit" erhielten. Schließlich bezeichne Hofers Burschenschaft Österreich ja auch als Fiktion.

Den Bühnen-Sturm verurteilt Hundstorfer jedenfalls massiv. Es müsse einem ein Stück von Elfriede Jelinek ja nicht gefallen. Aber die Aufführung der "Schutzbefohlenen" zu stören, sei eine Entwicklung, der man von Beginn an entschlossen entgegentreten müsse. (red, APA, 14.4.2016)