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Wladimir Groismann soll auf Arseni Jazenjuk folgen.

Foto: AP / Chuzavkov

Kiew/Brüssel/Moskau –Die Einigung auf eine neue ukrainische Regierung droht sich im Streit um Personalien zu verzögern. Der designierte Ministerpräsident Wladimir Groisman wolle Leute seines Vertrauens im Kabinett haben und keine Vorgaben aus der Kanzlei von Präsident Petro Poroschenko akzeptieren, berichteten mehrere Abgeordnete am Montagabend in Kiew.

Sie sagten sogar, Groisman verzichte deshalb auf das Amt des Regierungschefs. Dafür gab es allerdings keine Bestätigung. Das Parlament soll am Dienstag zunächst über die Entlassung des bisherigen Ministerpräsidenten Arseni Jazenjuk entscheiden.

Regierungs- oder Verwaltungsposten sind für Jazenjuk, einen der Anführer der Maidan-Proteste, nicht reserviert. Er bleibt aber voraussichtlich als Chef der "Nationalen Front" nicht nur parteipolitisch aktiv, sondern auch weiterhin ein wichtiger Faktor in der Regierungskoalition.

Die Modellstadt des neuen Premiers

Trotzdem hoffen viele Ukrainer, deren Lebensniveau in den vergangenen zwei Jahren drastisch gesunken ist, dass mit dem Regierungswechsel auch ein gewisser Kurswechsel einhergeht. Groisman ist mit 38 Jahren zwar noch ein junger, aber keineswegs unbekannter Politiker in der Ukraine.

Er gilt als Protegé von Präsident Petro Poroschenko und hat sich einen Namen als Bürgermeister der Stadt Winniza gemacht, wo er mehrere Reformen zur Modernisierung der Stadt durchsetzte. Heute gilt Winniza selbst bei Kritikern der aktuellen politischen Führung als Modellstadt für die Ukraine. Die Dezentralisierung, für die Groisman in seiner nur neunmonatigen Amtszeit als Vizepremier (vor der Wahl zum Parlamentspräsidenten) verantwortlich war, ist hingegen noch nicht umgesetzt.

Ausschlaggebend für die künftige Bewertung seiner Tätigkeit als Ministerpräsident dürften die Verhandlungen mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) über die Wiederaufnahme der Kreditvergabe werden.

Geschenk zum Antritt

Die Ukrainer hoffen freilich nicht nur auf frisches Geld zur Wiederbelebung ihrer Wirtschaft, sondern auch auf Visafreiheit in der EU. Diesbezüglich scheint Brüssel trotz des jüngsten Referendums in den Niederlanden, wo die Mehrheit der Teilnehmer das Assoziationsabkommen zwischen der Ukraine und der EU ablehnte, gewillt, Kiew entgegenzukommen. Noch im April soll die Entscheidung über die Aufhebung der Visapflicht für Ukrainer fallen.

Allerdings gilt diese Regelung laut inoffiziellen Angaben aus der Kommission mit Einschränkungen: Sollte es zu einem Ansturm ukrainischer Migranten in die EU kommen, behält sich die Kommission vor, die Grenzen wieder zu schließen. (ab, red, 11.4.2016)