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Blackwater-Gründer Erik Prince nutzte eine österreichische Firma für den Aufbau privater Luftstreitkräfte.

Foto: AP/Broome

Der Gründer und einstige Chef der berüchtigten Söldnerfirma Blackwater, Erik Prince, habe mithilfe einer österreichischen Firma eine "private Luftstreitkraft" aufgebaut. Das berichtet das Portal "The Intercept", das seine Recherchen vorab dem STANDARD zur Verfügung gestellt hat.

Prince soll mit der Firma Airborne in Wiener Neustadt zusammengearbeitet haben, um zwei Thrush-510-Agrarflugzeuge zu voll ausgerüsteten Kampfflugzeugen umzubauen. Airborne bewirbt die modifizierten Flugzeuge, die eigentlich zur Schädlingsbekämpfung gedacht sind, auf seiner Website. Über eine Anwaltskanzlei erklärte Airborne gegenüber "The Intercept", dass das Unternehmen "allen relevanten und anwendbaren Exportbeschränkungen und Regulierungen Folge geleistet hat". In einer Stellungnahme gegenüber DER STANDARD hält Airborne Technologies am Montag fest, niemals gegen österreichische oder andere Gesetze verstoßen zu haben. Der Artikel von "The Intercept" enthalte eine Vielzahl an Unwahrheiten und falschen Informationen, man werde sich um eine "Richtigstellung" bemühen.

Die für Prince umgebauten Prototypen waren schlussendlich in der Lage, Ziele auszuspionieren, sie mit Gewehrfeuer zu attackieren oder zu bombardieren. In Wiener Neustadt sollen zwei Prototypen erschaffen worden sein, die Prince laut internen Dokumenten, die "The Intercept" vorliegen, in den Südsudan verkaufen wollte. Mit der massenhaften Etablierung derartiger Umbauten würde die moderne Kriegsführung verändert werden, da diese kleinen Flugzeuge relativ billig modifiziert werden können.

Blackwater: Zahlreiche Skandale

Prince war durch zahlreiche Skandale rund um Blackwater in das Scheinwerferlicht geraten. Das Unternehmen war ein militärischer Dienstleister, der unter anderem die US-Truppen im Irak unterstützte. Wie Wikileaks enthüllte, sollen Blackwater-Söldner an der Erschießung von zehn Zivilisten beteiligt gewesen sein. Prince verkaufte 2010 seine Anteile, 2014 gründete er gemeinsam mit der chinesischen Investmentfirma Citic Group ein neues Unternehmen namens Frontier Services Group. Als Operation innerhalb dieses Konzerns plante er die Umrüstung von Agrarflugzeugen auf einsatzfähige Kampfflugzeuge.

Blackwater-Gründer mit Burgenland-Vorliebe

Prince suchte sich als Partner Airborne Technologies in Wiener Neustadt aus, an der er über seinen persönlichen Anwalt seit Februar 2013 25 Prozent der Anteile hält. Prince hatte zuvor Zeit im Burgenland verbracht, war zeitweise in Neusiedl am See gemeldet und soll dort sogar Baugrund gesucht haben. Eine Nachfrage des STANDARD, ob Prince noch immer in Neusiedl gemeldet ist, blieb vorerst unbeantwortet.

An Airborne ist mit 51,43 Prozent auch ein Konsortium rund um den ehemaligen Finanzminister Andreas Staribacher (SPÖ) beteiligt. Ebenso ist über die Athena Wien Beteiligungen AG die Wirtschaftsagentur Wien beteiligt.

Airbornes Hangar befindet sich in Wiener Neustadt, das Unternehmen bietet Überwachungslösungen durch Flugobjekte an. Kunden sind beispielsweise die deutsche und die britische Polizei, die Flugzeuge mit Überwachungsausrüstung erworben haben. Allerdings soll Prince laut "The Intercept" das Management von Airborne davon überzeugt haben, die Thrush-Agrarflugzeuge zu "paramilitärischen Flugzeugen" umzurüsten. Die Idee ist nicht neu: Die CIA selbst soll im Auftrag der US-Regierung Agrarflugzeuge ummodelliert haben. Auch Prince hatte zuvor mit solchen Modellen zu tun.

Maschinenkanonen und Bomben

Um Exportbeschränkungen zu umgehen, sollten die umgebauten Modelle in einem weiteren Schritt über Bulgarien verkauft werden. Interne Korrespondenzen belegen laut "The Intercept", dass Airborne eine Firma namens Lasa aufgesetzt haben soll, über die der Export erfolgen würde. Bulgarische Dokumente zeigen, dass ein Geschäftsmann namens Zachary Botchev dieses Unternehmen leiten sollte. Er soll laut "The Intercept" an Airborne beteiligt gewesen sein. Botchev wird in den USA per Haftbefehl gesucht. Er gibt auf der Website einer neuen Firma an, die größte Fluglinie des Balkans und einen Keramikziegelproduzenten gegründet zu haben.

Mit den in Wiener Neustadt ab Juli 2014 vorgenommenen Änderungen an den Thrush-Agrarflugzeugen sollen neben Überwachungsausrüstung eine Panzerung, kugelsicheres Glas und weitere Schutzvorrichtungen installiert worden sein. Außerdem seien Vorrichtungen für den Einbau von Maschinenkanonen eingebaut worden, was Airborne-Mitarbeiter skeptisch gemacht habe, weil sie befürchteten, dadurch wider österreichische Gesetze zu handeln. Laut internen Dokumenten, die "The Intercept" zitiert, wurde den Airborne-Mitarbeitern aufgetragen, Codewörter für eingebaute Komponenten zu verwenden, Prince selbst wurde als "Echo Papa" bezeichnet.

Testflug in Österreich

Im Oktober 2014 soll eine der Thrush, die mit rund 680 Kilogramm zusätzlicher Ausrüstung modifiziert worden war, einen 30-minütigen Testflug in Österreich absolviert haben. Diesen bezeichnete ein Mitarbeiter der Firma gegenüber "The Intercept" als "Katastrophe". Als die Firma später Besuch von Prince höchstpersönlich erhielt, habe dem mittlerweile ehemaligen Mitarbeiter gedämmert, was sein Unternehmen eigentlich plante.

Nun hat er als Whistleblower interne Dokumente an "The Intercept" geliefert. Prince soll versucht haben, die modifizierte Thrush an den Südsudan zu verkaufen, der damit gegen Rebellen vorgehen wollte. Zum Einsatz kam sie nie, wenngleich Airborn laut "The Intercept" bereits verschiedene Konfigurationen für die Thrush plante – diese trugen den Titel "mixed attack", "ISR" und "bomb".

Einstellung des Projekts

Inzwischen kam es innerhalb von Princes Unternehmen FSG zu Streitereien um dessen Pläne für den Aufbau privater Luftstreitkräfte. Große Teile der Führungsmannschaft waren von Prince offenbar nicht eingeweiht worden. Sie befürchteten, dass Prince auch gegen US-Gesetze verstoßen könnte, sollte er die Thrush an ausländische Regierungen verkaufen. Deshalb kam es in den vergangenen Monaten intern zu einem Showdown, der mit der Einstellung der Thrush-Experimente geendet habe. Die US-Regierung hat eine Untersuchung des Konzerns FSG eingeleitet. Dennoch wurden die modifizierten Agrarflugzeuge noch diesen Februar auf einer Rüstungsmesse in Singapur präsentiert.

Pilz will untersuchen

Der grüne Nationalratsabgeordnete Peter Pilz kündigt eine Untersuchung zu den Machenschaften von Erik Prince in Österreich an. "Österreich ist viel mehr Zielscheibe für den Waffenhandel, als die Politik es wahrhaben will", sagt Pilz zum STANDARD. Er moniert, dass der "berüchtigtste Söldner der Welt" eine Waffenproduktion für Bürgerkriegsgebiete aufziehen könne, während der Verfassungsschutz laut Pilz "nichts weiß oder so tut, als wisse er nichts". Pilz wird die Dokumente, die er parallel zu "The Intercept" erhalten hat, nun der Staatsanwaltschaft übergeben. Er kündigt eine genaue Untersuchung der politischen Hintergründe an. (Fabian Schmid, Rainer Schüller, 11.4.2016)