In Kirchdorf an der Krems ist Gerhard Wally 2013 seinen 500. Marathon gelaufen.

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Dass Gerhard Wally fast jeden Sonntag einen Marathon läuft, ist eigentlich nur ein Zufall. An einem Frühlingssonntag 1984 drehte er seine Laufrunde mit Freunden in Neuwaldegg. Er hatte als Einziger ein Auto, sollte einen Freund zum Zieleinlauf des ersten Wien-Marathons bringen. Weil er unerwartet einen Parkplatz fand, stieg Wally mit aus. Er sah die schnellsten Athleten über die Ziellinie laufen. "Ich wusste nicht, was da vor sich geht. Nachdem ich erfahren hatte, dass jeder mitlaufen darf – nicht nur Olympioniken oder Profisportler –, hatten wir als Freunde beschlossen, da auch mitzulaufen."

Zwei Jahre später stand Gerhard Wally dann als 28-Jähriger am Start vor dem Rathausplatz.

Er zählte damit zu einer Altersgruppe, die beim Wiener Marathon besonders häufig vertreten ist.

Er sollte der Einzige seiner Laufgruppe sein, der die 42,195 Kilometer auch bis zum Ende lief – einer gab auf, einer trat gar nicht an. Wally kam nach 3:51 Stunden im Ziel an. Kurz darauf meldete sich der Wiener für den nächsten Marathon an. Sein Eifer war ungebrochen. Die ersten Jahre lief er wenige Marathons pro Saison, seine Laufleistung steigerte er bis zum Jahr 2000 kontinuierlich.

Intervalltraining im Prater

Bis dahin feilte er an seiner persönlichen Bestleistung. In weniger als drei Stunden wollte Gerhard Wally die Ziellinie queren. Dafür lief er die Prater Hauptallee hunderte Male auf und ab. Schnellere Zeiten zu erzielen bedeutete: mehr Intervalltraining.

Schnellste Zeit im Jahr 2000

Sein Ziel erreichte der Wiener 14-mal – und seine Bestzeit im Mai 2000: Damals lief er beim Wien-Marathon nach 2:52 Stunden ins Ziel. Damit gelang ihm, was üblicherweise nur jeder 24. Läufer beim VCM schafft.

Danach begann für Gerhard Wally der zweite Abschnitt seiner Laufkarriere. Er lief jedes Jahr mehr Marathons – viel mehr. Heute hat in Österreich niemand anderer mehr Läufe über die Marathondistanz absolviert als der 58-Jährige. Geplant war das nicht. Einfach passiert sei das, sagt Wally. So kam es, dass er in seiner besten Saison 2012 42 Marathons gelaufen ist.

Ein Karriereende hat der 58-Jährige nicht geplant. "Ich laufe so lange, wie es geht", sagt Wally. Eine Routine für das Rennen selbst gebe es nicht. Zu unvorhersehbar seien die Ereignisse. Stürze, falsches Abzweigen auf der Strecke oder ein streikender Magen seien nicht auszuschließen. Dafür laufe im Vorfeld alles nach demselben Muster ab.

Routine im Vorfeld, nicht beim Lauf

Laufvorbereitung, Reiseplanung, Essen, Bekleidung – hier überlässt Gerhard Wally nichts dem Zufall. Welche Zielzeit er anpeilt, entscheidet er am Wettkampftag beim Frühstück. Das hänge von seiner Tagesverfassung ab: "Habe ich in den Vortagen genug gegessen? Habe ich genug geschlafen? Das sind entscheidende Faktoren", erklärt der Favoritener.

"Nicht mehr als ein halbanstrengender Tag im Büro"

Um seine Regeneration und das Gefühl in den Beinen muss er sich nicht mehr sorgen. "Ein Marathon ist heute nicht mehr für mich als ein halbanstrengender Tag im Büro", sagt der Wiener. Das war in seinen Anfangstagen anders, vor allem beim ersten Marathon. Die Stiegen hinauf zur Siegerehrung im Festsaal des Wiener Rathauses waren damals kein Problem. Wohl aber die hinunter. Das war nach seinen ersten 42,195 Kilometern erwartbar, kein Zufall. (Gerald Gartner, 8.4.2016)