Simulation der Struktur des potenziellen Planeten.

Foto: Linder/Mordasini/Uni Bern

Bern – Als im Jänner Forscher des California Institute of Technology im "Astronomical Journal" Daten vorlegten, die auf einen bisher unbekannten, etwa neptungroßen Planeten am Rande des Sonnensystems hinwiesen, war die Aufregung groß. Immer wieder wurde in der Vergangenheit über die Existenz eines unbekannten zehnten Planeten spekuliert (seit Plutos Herabstufung zum Zwergplaneten eines neunten Planeten), doch noch nie wurden diese Spekulationen so konkret.

Ein endgültiger Beweis für seine Existenz liegt zwar bislang noch nicht vor, aber vieles spricht tatsächlich dafür. Astrophysiker der Universität Bern haben nun mithilfe eines Computermodells eruiert, wie der Planet aussehen könnte – so es ihn tatsächlich gibt. Esther Linder und Christoph Mordasini sind Experten auf dem Gebiet der Planetenentwicklung mithilfe von Computermodellen.

Kleiner Eisriese

Die Forscher nehmen an, dass der neunte Planet eine kleinere Version von Uranus und Neptun ist – ein kleiner Eisriese mit einer Hülle aus Wasserstoff und Helium. Mithilfe ihres Modells berechneten sie, wie sich Werte wie der Planetenradius oder die Helligkeit seit der Geburt des Sonnensystems vor 4,6 Milliarden Jahren im Laufe der Zeit entwickelt haben.

In ihrer Studie in "Astronomy & Astrophysics" kommen sie nun zu folgendem Ergebnis: Ein Planet mit 10 Erdmassen, wie von den Caltech-Forschern vorgeschlagen, hätte heute einen Radius von 3,7 Erdradien. Seine Temperatur würde minus 226 Grad Celsius betragen. Dies würde bedeuten, dass der Planet selbst signifikant Wärme abstrahlt. Linder: "Wenn der Planet selbst keine innere Energie hätte, läge seine Temperatur bei nur 10 Kelvin oder minus 263 Grad Celsius, denn dann würde die Strahlung lediglich aus dem reflektierten Sonnenlicht bestehen."

Dieser innere Energiefluss, der von der Abkühlung des Planeteninnern herrührt, hieße auch, dass der Planet im Infrarot-Bereich viel heller strahlen würde als im sichtbaren Wellenlängenbereich, in dem nur das schwache reflektierte Sonnenlicht sichtbar ist. "Aufgrund unserer Studie ist der neunte Planet jetzt mehr als bloß ein Massepunkt, durch diese physikalischen Eigenschaften nimmt er Gestalt an", sagt Christoph Mordasini.

Künftige Suchaktionen

Die Forscher stellten sich auch die Frage, warum der neunte Planet bis jetzt noch nicht von Teleskopen aufgespürt wurde. Sie berechneten die Helligkeit von kleineren und größeren Planeten in verschiedenen Umlaufbahnen und kamen zum Schluss, dass bisher durchgeführte Himmelsdurchmusterungen nur eine sehr geringe Chance hatten, ein Objekt mit 20 Erdmassen oder weniger zu entdecken.

Einen Himmelskörper mit mehr als 50 Erdmassen hätte jedoch die NASA-Sonde Wide-field Infrared Survey Explorer aufspüren müssen. Damit ergebe sich eine interessante obere Massegrenze für "Planet 9", so Linder. Künftige Teleskope wie das Large Synoptic Survey Telescope, das derzeit in Chile gebaut wird, werden den neunten Planeten irgendwann aufspüren, sind die beiden Forschenden überzeugt. Oder seine Existenz ausschließen. (red, 9.4.2016)