Athen/Ankara/Genf – Kurz nach dem Inkrafttreten des EU-Flüchtlingsabkommens mit der Türkei ist der Prozess ins Stocken geraten. Nachdem es am Dienstag zunächst hieß, dass am Mittwoch weitere 200 Schutzsuchende von Griechenland aus in die Türkei gebracht werden sollen, wurde dieser Plan nach Angaben aus Ankara später wieder gestoppt.

Die UNO kritisierte unterdessen die Abschiebung von Afghanen aus Griechenland in die Türkei. Am Montag waren gemäß dem Abkommen die ersten 202 Flüchtlinge unterschiedlicher Herkunft zurück in die Türkei gebracht worden, für Dienstag waren keine Abschiebungen vorgesehen. Ein Vertreter des Gouverneursamtes der türkischen Provinz Izmir sagte dann, am Mittwoch würden rund 200 weitere Schutzsuchende von der Insel Lesbos in den türkischen Küstenort Dikili gebracht.

Allerdings sagte ein türkischer Behördenvertreter am Dienstagnachmittag, dieser Plan sei auf Bitten Griechenlands "auf Freitag verschoben" worden. "Hier ist alles bereit, aber wir haben eine Mitteilung von griechischer Seite erhalten", sagte der Vertreter, der anonym bleiben wollte. Griechenland könne die Menschen nicht in die Türkei schicken. Zu Gründen und Details äußerte sich der Verantwortliche nicht.

Gemäß dem zwischen Ankara und der EU geschlossenen Abkommen sollen alle nach dem 20. März in Griechenland eingetroffenen Flüchtlinge abgeschoben werden, die kein Asyl in Griechenland beantragten oder deren Anträge abgelehnt wurden. Sie werden in Aufnahmezentren untergebracht, solange die türkischen Behörden über ihr weiteres Schicksal entscheiden. Die EU will für jeden aus Griechenland in die Türkei abgeschobenen Syrer einen Syrer aus einem türkischen Flüchtlingslager aufnehmen.

In Athen sagte nun ein griechischer Regierungsvertreter, es sei gar kein Datum genannt worden, an dem die nächsten Flüchtlinge abgeschoben werden sollen. "Wir planen im Voraus weder ein Datum noch die Anzahl derer, die zurückgeschickt werden." Wenn es am Ende der Woche eine "zufriedenstellende" Zahl von Flüchtlingen gebe, die kein Asyl beantragt hätten, könne über eine erneute Rücksendung nachgedacht werden.

Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International kritisieren an dem Abkommen unter anderem, dass die Türkei nicht als sicheres Herkunftsland gelten könne. Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR kritisierte das organisatorische Chaos in Griechenland, das einige Flüchtlinge daran hindere, Asylanträge zu stellen. Unter den Abgeschobenen vom Montag seien 13 Afghanen gewesen, die einen Antrag hatten stellen wollen, dazu aber nicht rechtzeitig registriert worden waren, erklärte das UNHCR.

Die orthodoxe Kirche in Griechenland teilte unterdessen am Dienstag mit, dass Papst Franziskus sich mit Flüchtlingen auf der griechischen Insel Lesbos treffen möchte. Das Kirchenoberhaupt habe den Wunsch geäußert, den Flüchtlingen seine Solidarität zu bekunden, hieß es. Nach Angaben der Website "dogma.gr" ist der Besuch für den 15. April geplant. (APA, AFP, 5.4.2016)