Was den Nichtraucherschutz in Österreich betrifft, fühlt sich kalifornische Kardiologe Stanton Glantz um 30 Jahre zurückversetzt.

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Wien – Österreich liegt im Tabak-Länder-Ranking der Europäischen Krebs-Liga an letzter Stelle. "Ich fühle mich hier in Wien wie in einer Zeitmaschine, die mich 30 Jahre zurückversetzt hat", sagte am Dienstag der kalifornische Kardiologe Stanton Glantz anlässlich eines internationalen Symposiums der Akademie der Wissenschaften zum Thema "Tobacco Control" in Wien.

Die einhellige Meinung der Experten am Podium: Alle wissenschaftlichen Daten sprechen für strikte Anti-Tabak-Gesetze. Österreich sollte den erst für 2018 geplanten Rauch-Stopp in der Gastronomie sofort einführen. Ein Alterslimit für den Zigarettenverkauf an unter 18-Jährige zählt ebenso zu den Forderungen. Vor allem rechte Politiker würden in verschiedenen Ländern unter dem Vorwand der Verteidigung der persönlichen Freiheit des Einzelnen unter dem Einfluss der internationalen Tabakkonzerne die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung dem Qualm aussetzen.

"Wir haben in Kalifornien rauchfreie Restaurants, Bars, Casinos und sogar einige rauchfreie Strände. Es wird daran gedacht, das Alterslimit für den Kauf von Zigaretten auf 21 Jahre hinaufzusetzen. Wir hatten vor 20 Jahren rund 25 Prozent der Bevölkerung, die rauchten. Vergangenes Jahr waren es elf bis zwölf Prozent. Die meisten der Raucher rauchen weniger als zehn Zigaretten pro Tag, nur noch fünf Prozent eine Packung pro Tag", sagte Glantz. In Österreich rauchten 2015 rund 26 Prozent der Menschen.

Einsparungspotenzial

Dafür seien im US-Bundesstaat Kalifornien die ökonomischen und gesundheitlichen Effekte der Rauchverbote dem Kardiologen zufolge klar belegt: "Man spricht im Zusammenhang mit dem Rauchen vor allem über Lungenkrebs. Aber bei Passivrauchern setzt der Schaden für die Blutgefäße binnen Minuten ein. Wir hatten eine 15- bis 20-prozentige Reduktion der Herzinfarkt- und Schlaganfallhäufigkeit. Die Gesundheitskosten sanken um 14 bis 15 Prozent. Das ist ein gewaltiger Beitrag." Das kalifornische Tabakkontrollprogramm hätte zwischen 1989 und 2008 2,4 Milliarden US-Dollar ( 2,11 Milliarden Euro) gekostet. Gleichzeitig seien 243 Milliarden US-Dollar an Gesundheitskosten (213,53 Milliarden Euro) eingespart worden.

Ähnliche Erfahrungen hat man in Italien gemacht. Giuseppe Gorini, ein Epidemiologe aus Florenz, nannte dazu Zahlen: "Bei uns ging nach dem Rauchverbot in der Gastronomie die Hospitalisierungsrate wegen Herzinfarkten binnen zwei Jahren um vier Prozent zurück. Die Sterblichkeit durch Herzinfarkte reduzierte sich um drei Prozent." Die breite Einführung der Medikamente gegen Bluthochdruck hätte nur eine Reduktion um zwei Prozent bewirkt.

"Zigaretten sind wie Giftmüll"

Auch Ungarn, das – wie der ehemalige ungarische Gesundheitsminister und Direktor eines Trainingszentrums für Gesundheitsmanagement an der Semmelweis-Universität in Budapest, Miklos Szocska, erklärte – zwischen 2010 und 2014 eine strikte Tabakkontrolle einführte, hat gute Erfahrungen gemacht. "Der Rauchbann bringt Wählerstimmen." Die Tabakkontrolle hätte bei ihrer Einführung im ungarischen Parlament eine Mehrheit von 87 Prozent erreicht. "Sogar 60 Prozent der Raucher unterstützten die Implementierung", so Szocska.

Stanton Glantz betonte abschließend, dass laxe Tabakgesetze den Großteil der Bevölkerung schädigen: "Die Mehrheit der Menschen sind Nichtraucher. Und jede Zigarette ist eine Stange Giftmüll, die man angezündet hat." (APA, 5.4.2016)