Die Menschen harren in Idomeni aus.

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Idomeni/Athen/Genf– Das UN-Flüchtlingshochkommissariat (UNHCR) zweifelt die Rechtmäßigkeit der Abschiebung mehrerer Personen aus Griechenland in die Türkei an. Der UNHCR-Vertreter in Griechenland, Philippe Leclerc, wies am Dienstag auf den Fall von 13 Afghanen hin, die am Vortag mit Beginn der Umsetzung des europäisch-türkischen Flüchtlingsabkommens zusammen mit anderen abgeschoben worden waren. Die Afghanen hätten eigentlich in Griechenland Asyl beantragen wollen, seien aber nicht rechtzeitig registriert worden, um einen solchen Antrag einzureichen, sagte Leclerc.

Gemäß dem zwischen der Türkei und der EU geschlossenen Flüchtlingsabkommen sollen alle nach dem 20. März in Griechenland Eingetroffenen abgeschoben werden, die kein Asyl in Griechenland beantragt haben oder deren Anträge abgelehnt wurden. Die Abschiebungen begannen am Montag. Die Regierung in Athen beteuerte, dass keiner der rund 200 Abgeschobenen einen Asylantrag gestellt habe.

Nach den Worten Leclercs hatten die 13 Afghanen aber "den Wunsch geäußert, um Asyl anzusuchen". Dass sie dazu letztlich keine Chance hatten, könne am "Durcheinander" auf der griechischen Insel Chios liegen, wo sich hunderte Flüchtlinge aufhalten. Die Afghanen seien gegen ihren Willen abgeschoben worden.

Das UNHCR hatte das Abkommen zwischen der Türkei und der EU von Anfang an kritisch bewertet und davor gewarnt, dass die Europäer durch die Abschiebung der Flüchtlinge internationale Vereinbarungen zum Flüchtlingsschutz verletzen könnten.

Aufforderung, sich in Busse zu begeben

Die griechische Regierung will indessen bis zum Wochenende die großen provisorischen Flüchtlingslager im Hafen von Piräus und bei Idomeni an der Grenze zu Mazedonien räumen. Die Menschen würden in arabischer Sprache aufgefordert, mit bereitgestellten Bussen in die offiziellen Auffanglager zu fahren, meldete der Fernsehsender ERT.

Reporter vor Ort berichteten am Dienstag jedoch, dass Aktivisten den Flüchtlingen rieten, den Aufforderungen nicht zu folgen. Im Überseehafen Piräus halten sich noch 5.000, in Idomeni 12.000 Menschen auf. Bisher waren nur wenige bereit, sich innerhalb Griechenlands umsiedeln zu lassen. Aktivisten kleinerer Hilfsorganisationen bestärken sie darin. Als Grund nennen einige, dass die Menschen nur dann nach Mitteleuropa weiterreisen könnten, wenn sie zusammenblieben und die Welt ihr Elend sehe.

Einige Flüchtlinge und Migranten blockieren seit 15 Tagen die Bahnverbindung nach Mazedonien, um ihrer Forderung nach Öffnung der Grenze durchzusetzen. Immer wieder wird auch die wichtige Europastraße 75 kurz vor dem Grenzübergang nach Mazedonien bei Evzoni vorübergehend blockiert. Auch hier wollen Aktivisten die Proteste organisieren, berichteten Reporter vor Ort.

Doskozil trifft Amtskollegen

Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) reist am Mittwoch nach Griechenland, wo er seinen Amtskollegen Panos Kammenos treffen wird. Die griechische Regierung war wegen der Initiative Österreichs zur Schließung der Balkanroute verstimmt und sprach von "feindseligen und aggressiven Aktionen". Ende Februar lehnte Griechenland einen Besuch von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) ab.

Doskozil dagegen wurde eingeladen. Ihm gehe es nun darum, "die Gesprächsbasis aufrechtzuerhalten", sagte sein Sprecher. Doskozil wolle "offen darüber sprechen", wie man Griechenland beim Grenzschutz und den Rückführungen von Flüchtlingen unterstützen könne. Er wolle Kammenos außerdem über das Treffen der zentraleuropäischen Verteidigungsminister vom Freitag informieren, bei dem vereinbart wurde, eine zivil-militärische Mission zur Unterstützung der EU-Grenzschutzbehörde Frontex zu bilden. Am Mittwochabend reist Doskozil nach Mazedonien weiter. (APA, 5.4.2016)