Die Panama-Papers haben es in sich. Zwölf frühere oder amtierende Staats- und Regierungschefs sowie weitere 128 Politiker oder deren Umfeld scheinen in den Dokumenten auf. Dazu gesellen sich zahlreiche Unternehmer, Banken und Kriminelle. Das riesige Datenvolumen wird wohl noch viele Wochen und Monate für medialen Niederschlag sorgen und so manche Ermittlungsbehörde beschäftigen. Gut so. Wer Gelder offshore versteckt, hat in der Regel etwas zu verbergen. Doch bevor jetzt ob des Fortschritts bezüglich der Erhöhung der Steuergerechtigkeit Jubelchöre angestimmt werden, sollten auch Schattenseiten angesprochen werden.

So richtig Fahrt aufgenommen hat die angepeilte Austrocknung der Steueroasen nach dem Ausbruch der Weltfinanzkrise. Große Löcher in den Staatskassen ließen die Begehrlichkeiten wachsen, die auch bestens argumentativ unterfüttert waren und sind. Es ist nicht einzusehen, dass ausgerechnet die großen Vermögen anonym und steuerschonend geparkt werden können. Auch Länder wie Liechtenstein und Österreich bekamen den zunehmenden Druck zu spüren. Gegen die Schweiz ließ der damalige deutsche Finanzminister Peer Steinbrück verbal gar die Kavallerie ausreiten. Die Drohung mit schwarzen Listen zeigte letztlich Wirkung. Ein Steuerparadies nach dem anderen gab klein bei.

Zusätzlichen Dampf machen Datendiebe, die ihre Informationen an Finanzbehörden verkaufen, oder die in den vergangenen Jahren erfolgten Veröffentlichungen via Mediennetzwerke. Offshore-Leaks, LuxLeaks und nun die Panama-Papers sorgen für eine ordentliche Verunsicherung und möglicherweise Verfolgung der auf Diskretion wertlegenden Vermögenden. In der Regel führt das zu einer Repatriierung der Gelder, wobei die Stammländer in den meisten Fällen nicht allzu viele Fragen stellen. Man will ja an den Erträgnissen der Vermögen partizipieren.

Besonders haben sich die USA in diesem Wettbewerb hervorgetan. Während der OECD-Standard zum Informationsaustausch fast weltweit in Kraft tritt, will man in den Vereinigten Staaten nichts von einer Übernahme der Regeln wissen. Washington verweist regelmäßig auf das bilaterale Abkommen Fatca, das ähnlich aufgesetzt ist. Doch der Vergleich hinkt: Das Regelwerk verhindert zwar die Steuerflucht der US-Amerikaner, nicht aber die nach Amerika.

Neben der traditionellen Steueroase Delaware haben sich in letzter Zeit mehrere Bundesstaaten als attraktiver und geheimer Ort für internationale Veranlagung hervorgetan. Gelder aus der Schweiz, den Cayman Islands oder den Bahamas wandern zunehmend nach Nevada, Wyoming oder South Dakota. Die USA lachen sich mit jeder Enthüllung ins Fäustchen.

Nun muss man nicht gleich auf die Putin-Finte hereinfallen, wonach die Enthüllungen eine Attacke westlicher Agenten seien. Doch die Frage "Cui bono?" darf gestellt werden. Und hier sind neben den USA weitere Industriestaaten die Nutznießer, denen Kapital zufließt. Wenn dann auch noch erstaunlich wenige westliche Politiker oder Unternehmen (bisher) in den Panama-Dokumenten aufscheinen, erhärtet das den Verdacht, dass nicht nur hehre Motive hinter der Aktion stecken könnten.

Das sollte mitbedacht werden, zumal dieser Wermutstropfen nichts daran ändert, dass die Verfolgung der nun aufgedeckten potenziellen Steuersünder vorangetrieben wird. (Andreas Schnauder, 4.4.2016)