Rhetoriktrainer Peter Erik Czak mit seinem damaligen Schützling Richard Lugner bei dessen Antrittspressekonferenz.

Foto: christian fischer

Wien – Das Interview müsse um acht Uhr morgens stattfinden, "weil um neun Uhr steh ich schon auf der Piste". Peter-Erik Czak, Offizier im Ruhestand, hat seinen Urlaubstag im Griff und auch sein Leben. Er hat die 21 Jahre, die seit seiner feierlichen Verabschiedung als Bundesheerbrigadier vergangen sind, zur beharrlichen Steigerung seines Finanzertrags genützt.

Er ist Rhetorikcoach. Und er ist unerschrocken genug, selbst den beratungsresistenten Richard Lugner unter seine Fittiche zu nehmen. Das war 1999 das erste Mal der Fall, als Lugner bei der Nationalratswahl kandidierte, und auch heuer war er wieder parat, als der Baumeister anklopfte.

Das geleakte Trainingsvideo

Czak tat das, was er bei Rhetorikschulungen immer tut, er machte ein Trainingsvideo. Der Plan: erst Analyse des Videos, dann der offizielle Termin in der Lugner City, wo der Baumeister und seine Ehefrau Cathy, perfekt rhetorikgecoacht, ihre offizielle Kandidatur verkünden würden.

Es kam anders. Das Trainingsvideo, das zu einem Zeitpunkt gedreht wurde, "als Lugner noch gar nicht wusste, ob er überhaupt kandidieren will", wurde geleakt, vom Baumeister selbst. "Das ist auch der Grund, warum das am Anfang so abgeschnitten wirkt", erklärt Czak, "da fehlt was."

Lugner City

"Großer Fan der guten Vorbereitung"

So kann es gehen, wenn man Lugner coacht: Er macht am Ende eh, was er will. Und am 15. Februar wollte er von Czak nicht mehr trainiert werden. Die Kasperl-Strategie gefiel ihm nicht mehr. Seither managt Lugner sich selbst, und der Ex-Offizier weilt in Lech im Skiurlaub.

Punktuell berät er den Baumeister mit Politambitionen freilich immer noch, als Freundschaftsdienst. Immer wieder würde Lugner ihn nach Auftritten anrufen und "Wie war ich?" fragen, sagt Czak. Nicht immer habe er nur Lob für seinen Schützling übrig. Denn während er sich selbst als "großen Fan der guten Vorbereitung" und des "druckreifen Sprechens" bezeichnet, sei es "eine der Schwächen des Herrn Lugner, dass er dazu neigt, aus dem Bauch heraus zu reden".

Die geschasste Kasperl-Metapher

Warum tut er sich das an, das Coaching eines uncoachbaren Bundespräsidentschaftskandidaten ohne realistische Chance auf die Stichwahl? "Ich will nicht, dass Norbert Hofer Bundespräsident wird", erklärt Czak seine Motivation. Da sei ihm "der Kasperl lieber als der Hofer", der sei schließlich ein "Mastermind der FPÖ-Ideologie".

Als die FPÖ einst selbst zu seinen Kunden zählte, störte ihn das nicht. "Ich bin jemand, der das Beste tut, wenn er einen Auftrag bekommt", sagt Czak. Nicht immer lässt man ihn. Von der Kasperl-Strategie will Lugner nun nichts mehr wissen. Wäre es nach Czak gegangen, hätte er die "Metapher" durchgezogen: "In dieser Figur liegt eine Botschaft. Den kann keiner beleidigen, den kann keiner schlagen – der Kasperl gewinnt immer."

fischer

Staatsmännisch gekleidet in der "Pressestunde"

"We make winners" ist auch der Slogan seiner Coachingfirma. "We", das sind Czak, seine Ehefrau und deren Mutter. Die angebotenen Rhetorikseminare folgen dem Schema F: erste Rede mit Videoaufzeichnung, vernichtende Kritik, dann ein paar Tipps zu Körpersprache und Ausdruck, zweiter Versuch. Da diese einfache Methode kurzfristig immer Lerneffekte bringe, komme sie gut an, sagt ein Eingeweihter. Neu ist sie nicht. Dass Czak trotzdem häufig weiterempfohlen wurde, liegt wohl an seiner Persönlichkeit.

Schwaches Selbstbewusstsein kann man dem in dritter Ehe verheirateten Sohn eines Schuhcremefabrikanten nicht nachsagen. "Sehr erfolgreich" sei er auch bei Lugner gewesen: Die Kasperl-Botschaft "ist bis nach Amerika geschwappt", ist der 77-Jährige überzeugt.

Auch jetzt trage sein Wirken Früchte: So sei es ausschließlich seiner Überzeugungskraft zu verdanken, dass Lugner in der ORF-"Pressestunde" am Sonntag "staatsmännischer" gekleidet war als ein paar Tage zuvor beim Live-Interview im Dschungelmuster-Jackett in der "ZiB 2". Dieses Gewinnerimage trug Czak stets demonstrativ vor sich her, "und gewisse Leute sind darauf abgefahren", sagt eine Bekannte, die ungenannt bleiben will.

"Bin sehr gut in Pension gegangen"

Für Schlagzeilen hatte Czak schon in seiner Bundesheerzeit gesorgt. Als er dem damaligen Kanzler Bruno Kreisky (SPÖ) vorwarf, die Parteien hätten beim Kauf von Kampfflugzeugen fürs Heer Schmiergeld erhalten, löste er einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss aus. Kurzzeitig war der Aufwiegler suspendiert, dann lobte man ihn ins Ausland, wo er als Militärattaché diente.

Nach seiner Rückkehr nach Österreich "hatte man keine Verwendung mehr für mich", also schied der Offizier "topfit", aber "krankheitshalber" in den vorzeitigen Ruhestand aus. Ohne große finanzielle Einbußen, versteht sich: "Ich bin sehr gut in Pension gegangen, wie mit 60", freut sich Czak heute.

"Kein klassischer Militärtyp"

Dennoch waren es finanzielle Motive, die ihn den Coachingberuf anstreben ließen. Bei einem Rhetorikkurs sei ihm die zündende Idee gekommen: "Als ich gehört habe, was so ein Trainer verdient, habe ich gesagt: Das kann ich auch." In diversen Kursen der Politischen Akademie der ÖVP ließ Czak, der laut eigenen Angaben nie einer Partei angehörte, sich mit jenem Wissen ausstatten, das er heute in eigenen Coachings weitergibt.

In dieser Rolle ging er auf. Denn Czak, so meint der frühere ORF-Chefredakteur und Bundesheerkollege Gerhard Vogl, sei kein "klassischer Militärtyp". "Er hat keine große militärische Karriere gemacht und sehr bald geschaut, wie er nebenbei noch etwas tun kann", erzählt Vogl. Auch für Peter Corrieri, General und Sektionsleiter im Verteidigungsministerium im Ruhestand, war der nunmehrige Rhetoriktrainer "ein bisschen unkonventionell", sei aber auch stets dynamisch gewesen und habe gute Ideen gehabt.

"News"-Interview mit Folgen

Für eine Schlagzeile, so negativ sie sein mag, tut Czak vieles. Dieser Drang rächte sich des Öfteren. So brachte ihm 1999 ein "News"-Interview, in dem er gar offen mit seinen vielfältigen Aufträgen prahlte, prompt eine Finanzprüfung ein – stolze Nachzahlung inklusive. "Das war unangenehm", sagt Czak heute, "wir haben das aber amikal geregelt."

Auf Nachfragen behauptet der Unternehmer, der damalige Finanzminister Rudolf Edlinger (SPÖ), zufällig ein Freund des Czak'schen Steuerberaters, habe den Finanzbeamten aufgetragen, in der Causa "a Ruah zu geben", was sowohl Edlinger als auch der damalige Steuerberater auf STANDARD-Anfrage heftig bestreiten. Tatsächlich musste Czak dann auch über Jahre eine saftige Nachzahlung abstottern.

Inzwischen offenbar wieder flüssig, setzte Czak unlängst bei einem Wettbüro 500 Euro bei der Präsidentschaftswahl, wie er erzählt: 100 darauf, dass Lugner mehr als fünf Prozent erreicht; und 400 darauf, dass Rudolf Hundstorfer (SPÖ) gewinnt. Er selbst wähle "aus Überzeugung", sagt Czak. Die Stimme jenes Mannes, der Lugner coacht, bekommt nicht der Kasperl. Sondern Irmgard Griss. (Maria Sterkl, Sebastian Fellner, 5.4.2016)