Die wichtigsten Punkte der "Panama Papers" im Überblick:

  • Die "Panama Papers"-Recherchen basieren nach Angaben der daran beteiligten Medien auf einem Datenleck bei der panamaischen Anwaltskanzlei Mossack Fonseca.
  • Das Leck soll E-Mails, Urkunden, Kontoauszüge, Passkopien und weitere Dokumente zu rund 214.000 Gesellschaften umfassen, vor allem in Panama und auf den Britischen Jungferninseln.
  • Zu den Profiteuren der Offshore-Dienste sollen unter anderen zwölf Staatsoberhäupter und 128 weitere Politiker gehören.
  • Profitiert haben sollen internationale Finanzinstitute, darunter auch österreichische Banken.
  • Der Datensatz wurde der "Süddeutschen Zeitung" von einer anonymen Quelle zugespielt.
  • Die "Süddeutsche" teilte die Daten demnach mit dem Internationalen Konsortium investigativer Journalisten (ICIJ) und Partnern auf der ganzen Welt, darunter ORF und "Falter" in Österreich.
  • Etwa 370 Journalisten aus 78 Ländern haben im Zuge der Recherchen rund 11,5 Millionen Dateien ausgewertet. Es handle sich um "ein gigantisches Leak in einer bislang nicht vorstellbaren Dimension von rund 2,6 Terabyte".
Die Skyline von Panama City.
Foto: AFP PHOTO / Rodrigo ARANGUA

Wien – Mit den "Panama Papers" wurde am Sonntagabend ein riesiger Datensatz über Steueroasen veröffentlicht. Das International Consortium for Investigative Journalists hat mit den elf Millionen Dateien, darunter Mails, Kontodaten und Briefe, das bisher größte Datenleck publiziert. In Österreich waren die Wiener Wochenzeitung "Falter" und der ORF an den monatelangen Recherchen beteiligt.

Nach den Enthüllungen hat die Regierung Panamas ihre Zusammenarbeit bei der Aufklärung der Vorwürfe zugesagt. Die Staatsanwaltschaft hat derweil Ermittlungen eingeleitet.

"Die panamaische Regierung verfolgt eine Nulltoleranzpolitik in allen Bereichen des Rechts- und Finanzwesens, wo nicht mit einem höchsten Maß an Transparenz gearbeitet wird", hieß es in einer am Sonntag veröffentlichten Erklärung des panamaischen Präsidialamts.

Die Daten stammen aus der Kanzlei Mossack Fonseca, einem der weltweit größten Anbieter von Briefkastenfirmen mit Sitz in Panama. Die Dateien bergen "brisante Enthüllungen über die Offshore-Deals internationaler Politiker, heimischer Banken und Oligarchen in Steuerparadiesen", heißt es in einer Aussendung des "Falter".

FMA prüft außertourlich

Von der heimischen Finanzmarktaufsicht (FMA) hieß es am Montag, sie prüfe die Raiffeisenbank International (RBI), sowie die Hypo Vorarlberg.: "Wir werden bei jeder dieser Banken eine anlassbezogene Vorortprüfung durchführen um zu überprüfen, ob in diesen genannten Fällen die Organisationspflicht zur Prävention von Geldwäsche eingehalten wurde", sagte FMA-Sprecher Klaus Grubelnik.

Hypo Vorarlberg zieht sich aus Offshore zurück

Die Hypo Vorarlberg hat unterdessen erneut beteuert, nur legale Offshore-Geschäfte zu betreiben. In jedem einzelnen Fall sei der wirtschaftlich Berechtigte bekannt, betonte Hypo-Vorstandschef Michael Grahammer. Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) als Eigentümervertreter unterstrich, dass sich die Bank ganz aus dem Offshore-Bereich zurückziehen werde.

ICIJ

Von Putins Freunden

In den Unterlagen tauchen nach Angaben der "Süddeutschen Zeitung" die Namen von Milliardären, Politikern, Sportlern, Waffenhändlern, Spionen und Betrügern auf. Unter anderem hätten Vertraute von Russlands Präsident Wladimir Putin und der ukrainische Präsident Petro Poroschenko Briefkastenfirmen einrichten lassen.

Die heißeste Spur, die den "Panama Papers" zu entnehmen ist, dürfte die zu einem Zirkel um Putin sein. Das schließt insbesondere die "Süddeutsche" aus den vielen Geschäftsverbindungen von Sergej Roldugin zu Offshore-Firmen in Panama. Roldugin ist Cellist, bedeutender dürfte sein Draht zum russischen Präsidenten sein: Er ist Patenonkel von Putins Tochter Maria.

FalterVerlag

Über Roldugins Panama-Netzwerk sollen Geschäfte mit Aktienoptionen, lautend auf einige der wichtigsten russischen Konzerne, gelaufen sein. Millionen aus dem "großen Vermögen" seien nicht nur an Putins Zirkel geflossen, auch die Familie des Kreml-Chefs habe offenbar profitiert. So sei die Immobilie, in der 2013 die pompöse Hochzeit von Putins zweiter Tochter Katarina stattfand, mit Teilen der Offshore-Gelder finanziert worden.

Auch weitere Vertraute Putins werden als Beteiligte des Netzwerkes genannt, insbesondere der Milliardär Gennadi Timtschenko, der im Rohstoffgeschäft groß wurde. Er finanziert auch den Judoklub Jawara-Newa, dessen Ehrenpräsident Putin sei, schreibt die "Süddeutsche". Andere Briefkästen stünden in Verbindung mit früheren KGB-Kollegen des Präsidenten, zur Ehefrau seines Pressesprechers, zu einem Cousin und zu weiteren Oligarchen, zu denen Putin enge Verbindungen habe.

Insgesamt leiteten enge Vertraute Putins den Angaben zufolge in den vergangenen Jahren unter konspirativen Umständen offenbar mehr als zwei Milliarden Dollar (1,75 Milliarden Euro) durch Briefkastenfirmen aus Russland heraus.

Putin habe Anfragen der Zeitung unbeantwortet gelassen, heißt es, aber schon vergangene Woche russischen Journalisten vorweg eine Antwort gegeben. Er bereitete sie auf eine "Informationsattacke" vor, gegen die man sich rechtliche Schritte vorbehalte.

Islands Premier und Briefkastenfirmen

Auch der isländische Premierminister Sigmundur Gunnlaugsson soll bis Ende 2009 zusammen mit seiner heutigen Ehefrau eine Briefkastenfirma besessen haben, in der unter anderem Anleihen wichtiger isländischer Banken deponiert waren. Ein Video zeigt, wie Gunnlaugsson Fragen nach persönlichen Offshore-Geschäften ausweicht.

Die isländische Opposition fordert unterdessen den Rücktritt des Ministerpräsidenten. Mehr als 16.000 Isländer haben bereits eine Petition unterzeichnet, die den Rücktritt von Gunnlaugsson fordert. Die Opposition will diese Woche ein Misstrauensvotum im Parlament abhalten. Laut Rundfunk sollte am Montag zudem der Verfassungsausschuss des Parlaments in dieser Frage zu Beratungen zusammenkommen.

Auch international sanktionierte Geschäftsleute wie ein Cousin des syrischen Präsidenten Bashar al-Assad und Monarchen wie der König von Saudi-Arabien haben den Unterlagen zufolge Offshore-Firmen genutzt. Neue Vorwürfe gibt es durch das Datenleck laut "Süddeutscher" auch gegen den argentinischen Fußballstar Lionel Messi und gegen Juan Pedro Damiani, Mitglied der Ethikkommission des Weltfußballverbands Fifa.

Das ukrainische Antikorruptionsbüro wird aufgrund der Panama Papers nicht gegen Präsident Petro Poroschenko ermitteln. "Gemäß den geltenden Gesetzen gehört der Präsident nicht zur Liste der Funktionsträger, gegen die das Büro Ermittlungen aufnehmen kann", erklärte die Behörde.

Wer aus dem politischen Umfeld genannt wird

Eine Grafik von ICIJ zeigt, welche Personen aus dem politischen Umfeld in den "Panama Papers" vorkommen:

Rekordmenge an Daten

Die Informationen über die Offshore-Geschäfte wurden der "Süddeutschen" laut eigenen Angaben von einer anonymen Quelle zugespielt. Der Zeitung zufolge handelt es sich um 2,6 Terabyte an Daten, das sind 11,5 Millionen Dokumente zu insgesamt 214.000 Briefkastenfirmen. Es sei das größte Datenleck, das es je gab.

An der Auswertung der Dokumente beteiligten sich etwa 400 Journalisten aus fast 80 Ländern. In Deutschland waren an der Recherche auch NDR und WDR beteiligt.

Das Leck umfasst E-Mails, Urkunden, Kontoauszüge, Passkopien und weitere Dokumente zu rund 214.000 Gesellschaften vor allem in Panama und auf den Britischen Jungferninseln. Die Briefkastenfirmen wurden von der Kanzlei Mossack Fonseca gegründet. Diese erklärte auf Anfrage, man arbeite seit 40 Jahren ohne jede Beanstandung. "Nie sind wir einer Straftat beschuldigt oder angeklagt worden."

Auch österreichische Banken dabei

Auch österreichische Firmen und Banken seien – wie erwähnt – in den Datensätzen immer wieder zu finden, schreibt der "Falter". Wien sei als "Hotspot aufklärungswürdiger Geschäfte" aufgefallen, gerade Banken sollen demnach in Erklärungsnotstand geraten.

In den Daten würden auch Deals erwähnt, die über die RBI und die Hypo Vorarlberg abgewickelt wurden, berichteten ORF und "Falter". Beide Banken betonen, sich an die Gesetze gehalten zu haben.

Geschäfte mit Briefkastengesellschaften

In den Daten sollen mehr als ein Dutzend Offshore-Gesellschaften im Zusammenhang mit den beiden heimischen Banken gefunden worden sein. So soll Raiffeisen dem ukrainischen Präsidenten Poroschenko bei Geschäften zwischen Briefkastengesellschaften in der Karibik und seinen eigenen Unternehmen geholfen haben. Die Vorarlberger Landes- und Hypothekenbank taucht demnach bei 20 Offshore-Gesellschaften auf. Die Banken verweisen darauf, dass Offshore-Geschäfte nicht verboten seien.

In beiden Fällen stellt sich die Frage, ob die Banken gegen die gesetzliche Sorgfaltspflicht verstoßen haben. Die RBI betonte am Sonntagabend auf APA-Nachfrage die besondere Sorgfaltspflicht, die bei Offshore-Geschäften gelte und eingehalten werde. Man erfülle die "gesetzlichen Verpflichtungen zur Geldwäschereiprävention vollumfänglich", wurde eine Sprecherin in "Falter" und ORF zitiert. Die Bank sei verpflichtet, "die Identität des wirtschaftlichen Eigentümers eines Kunden festzustellen". Die Bank verweist darauf, "kein Organ der Exekutive" zu sein, eine "gänzliche Durchleuchtung von Kunden und Transaktionen" sei "nicht möglich".

Auch die Hypo Vorarlberg dementierte den Vorwurf, die Sorgfaltspflicht verletzt zu haben. Die Bank verfolge in ihrer Geschäftspolitik eine "rigorose Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen". Das betreffe "natürlich auch alle Regelungen zur Verhinderung von Geldwäscherei".

"Generell gilt: Der Besitz einer solchen Offshore-Firma ist für sich nicht illegal", schreibt die "Süddeutsche", die bei dieser Enthüllung federführend ist. "Aber wer sich in den Panamapapers umsieht, stellt sehr schnell fest, dass es in der überwältigen Zahl der Fälle vor allem um eines geht: zu verschleiern, wem die Firma in Wahrheit gehört." Die Daten belegten, wie die globale Offshore-Industrie im Verbund mit großen Banken, Anwaltskanzleien und Vermögensverwaltern in aller Verschwiegenheit die Besitztümer von Politikern, Funktionären, Drogenschmugglern, aber auch von Milliardären, Prominenten und Sportstars verwalte.

Igor Angelini, Chef der Finanzermittlungseinheit von Europol, erklärt dem Bericht zufolge, dass Briefkastenfirmen auch eine "wichtige Rolle bei Geldwäsche-Aktivitäten im großen Maßstab" spielen. Gleiches gelte für Korruption: Offshore-Firmen würden besonders genutzt, "um die Bestechungsgelder weiterzuleiten".

Stellungnahme von Mossack Fonseca

Die "Süddeutsche" und das ICIJ haben die Kanzlei Mossack Fonseca laut eigenen Angaben mehrfach um Reaktionen zu den Dokumenten gebeten. Die Kanzlei antwortete demnach mit zwei allgemeinen Stellungnahmen. Darin verteidigt sie ihre Tätigkeit: "Seit 40 Jahren arbeitet Mossack Fonseca in unserem Heimatstaat sowie in anderen Rechtsordnungen ohne jede Beanstandung. Nie sind wir einer Straftat beschuldigt oder angeklagt worden." Sie schränkt jedoch ein, dass die Möglichkeiten, die betreuten Gesellschaften zu überwachen, aus rechtlichen und praktischen Gründen begrenzt sei. In die laufenden Geschäfte der Mandanten sei man nicht eingebunden.

Karte mit der Anzahl der genannten Firmen pro Land in den "Panama Papers". 24 Unternehmen sind es in Österreich.

Abschließend heißt es in der Stellungnahme: "Die Art und Weise, wie Sie Ihre 'Fakten' präsentieren, lässt darauf schließen, dass Sie unbefugten Zugang zu vertraulichen Dokumenten und Informationen unseres Unternehmens gehabt haben, die Sie sodann aus dem Kontext gerissen präsentieren und interpretieren. Wir dürfen davon ausgehen, dass Sie wissen, dass die Verwendung von rechtswidrig erlangten Informationen/Dokumenten eine Straftat darstellt, und werden nicht zögern, deswegen straf- und zivilrechtlich vorzugehen."

Kanzleianwalt: "Wir wurden gehackt"

In dem Fernsehsender TVN sagte Kanzleianwalt Ramon Fonseca Mora am Sonntag, sein Unternehmen helfe nicht bei Geldwäsche oder Steuerhinterziehung. Mossack Fonseca gründe lediglich Firmen und verkaufe sie dann an Banken, Vermögensverwalter und Anwälte. Eine Geschäftsbeziehung zu den Endkunden bestehe nicht. Fonseca Mora räumte ein, dass die veröffentlichten Dokumente zum Teil aus seiner Kanzlei stammen. "Wir wurden gehackt. Das ist ein Verbrechen."

Mehrere Länder prüfen Vorwürfe

Mehrere Länder haben im Zuge der Enthüllungen erste Schritte eingeleitet. Die australische Steuerbehörde teilte am Montag mit, wegen möglicher Steuerflucht 800 vermögende Kunden einer Kanzlei, die die Firmen gegründet haben soll, zu überprüfen. Dabei gehe es auch um Verbindungen zu einem Dienstleister mit Sitz in Hongkong. In Neuseeland prüften die Behörden, ob auch Bürger ihres Landes in die Vorgänge verwickelt sind. In Norwegen forderte Industrieministerin Monica Maeland die DNB-Bank zu einer schriftlichen Erklärung über ihre Rolle in der Affäre auf. Die Bank hatte eingeräumt, zwischen 2006 und 2010 etwa 40 Kunden dabei geholfen zu haben, Offshore-Firmen auf den Seychellen zu gründen. (red, 4.4.2016)