Foto: APA/ Sven Hoppe

Das Alter bringt ihn verlässlich mit sich und die Verführung ihn ständig zu denken, ist groß. Dieser eine Satz, man muss ihn nicht einmal aussprechen, wird zum Dauergast: Früher einmal, denkt man sich jetzt immer öfter, früher einmal war alles besser. Gerade jetzt zum Beispiel, beim Zugfahren. Früher hat man noch etwas gesehen von der Welt. Jetzt schaut man raus aus dem Fenster und der Blick fällt auf aufgeschüttete Hügel, auf Sichtschutz- und Lärmschutzwände oder überhaupt auf sein eigenes Spiegelbild, auf das man im Dunkel eines Tunnels dann starren muss.

Süßes und Saures

Früher einmal durfte man noch ohne schlechtes Gewissen mit dem Auto fahren und der Nachwuchs schlief selig am Rücksitz, noch viel zu klein, um einen Wochenendausflug zur Verwandtschaft zu verweigern. Aber bitte aufwachen: Die Küken verlassen langsam das Nest und Osterhasen hoppeln schon längst keine mehr über die Wiese. Für Aufregung und Spannung im Leben muss man jetzt selbst sorgen. Aber anstatt, wie früher einmal, klamm und heimlich Süßigkeiten zu verstecken, sind wir heute sauer, weil wird ständig etwas suchen: Autoschlüssel, das Handy, unsere Brillen. Wie wird das erst, wenn man dann wirklich alt ist?

Neustart-Knopf

Apropos Ostern. Das Fasten war jetzt jahreskreislaufbedingt wieder ein großes Thema. Und tatsächlich scheint die Liste der kolportierten positiven Auswirkungen der Weniger-ist-mehr-Methode ständig länger zu werden. Fasten verbessert Cholesterin- und Harnwerte, soll gegen Asthma und Neurodermitis helfen, auch bei Multiples Sklerose und Allergien, genauso wie bei Magen-Darm-Erkrankungen. Nicht zu vergessen, so stand es immerhin im letzten GEO zu lesen, auch bei Krebs und – hurra! – Demenz (!). Verglichen wurde eine Fastentherapie da mit dem Drücken eines Neustartknopfs für den eigenen Körper.

Neuanfang klingt immer gut. Aber um nicht gleich wieder Wellness-Terror zu verbreiten: Angeblich reichen schon 16 Stunden, sogenanntes Intervallfasten, um körperlich und hoffentlich auch geistig fitter zu werden. Mein Tipp: Lassen Sie also einfach die nächste Mahlzeit aus. Und wenn schon nicht alles gut wird, so wird vielleicht manches besser. Sie finden ihre Brillen ganz bestimmt wieder. Vielleicht hat sie ja tatsächlich der Osterhase versteckt. Wer weiß, der war verwirrt? Er ist ja bekanntlich auch nicht mehr der Jüngste. (Mia Eidlhuber, 3.4.2016)