Nobert Hofer versuchte sich von der Musik der Gegendemonstranten nicht beirren zu lassen.

Foto: APA/Scheriau

Das neue Feindbild der Blauen ist ein Grüner: Alexander Van der Bellen.

Foto: APA/Scheriau

Fan mit Fähnchen.

Kapfenberg – Es gibt keine Zufälle. Koloman Wallisch war eine – heute würde man sagen – Kultfigur. Ein steirischer Arbeiterführer, der hier in der Obersteiermark, in Leoben, standrechtlich hingerichtet wurde. Bertolt Brecht widmete ihm eine Kantate.

Und ausgerechnet auf diesem nach Wallisch benannten Platz in Kapfenberg rief FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache am Samstag seine Partei zum Wahlkampfauftakt für den blauen Kandidaten Norbert Hofer zusammen. Eine wohl bewusste Inszenierung mitten im Herz der steirischen Arbeiterregion.

Hier hat die FPÖ bei den Landtagswahlen kräftig abgesahnt, die Blauen sind massiv in die roten Hochburgen eingedrungen, hier in der Steiermark wird diese Präsidentschaftswahl wesentlich mitentschieden. Für die PR-Abteilung der FPÖ also ein naheliegender Schauplatz für die Inszenierung der Partei und ihres Kandidaten als "Bewegung für den kleinen Mann".

Und Hofer greift gleich in die Vollen. SPÖ-Kandidat Rudolf Hundstorfer wird schnell und kalt abgefertigt. Ihm, dem ehemaligen Sozialminister fehle es an jeglicher sozialpolitischer Kompetenz, er habe es zugelassen, dass die Kleinen, die Pensionisten "immer weniger bekommen", dass das Arbeitslosenheer immer stärker angewachsen sei. Das Publikum, das auch busweise aus Wien antransportiert wurde, dankt ihm die rhetorische Anteilnahme mit aufgeregtem Schwingen der verteilten rot-weiß-roten Fähnchen.

"Asoziale Linke"

"Wir brauchen so einen Bundespräsidenten nicht", setzt Hofer nach. In diesem Moment braust im Hintergrund laute Musik der Gegendemonstranten auf. Sie haben sich in einer Seitengasse postiert und mitgebrachte Lautsprecher bis zum Anschlag aufgedreht. Sie sollen nur Lärm machen, schimpft Hofer, das nütze ihm nur. "Vollkoffer, diese linken Demonstranten", grummelt die Fähnchen schwingende ältere Dame links der Bühne. "Solche Asozialen, die kriegen sicher gezahlt, die Linken", klärt sie ihre Nachbarin auf. "Wenn's wenigstens den Gabalier spielen würden", mischt sich ein Nebenstehender ein.

Nach Angaben der Veranstalter der Gegendemo (SJ) blieb es nicht nur bei Schimpfereien. In einem Gerangel mit jungen FP-Sympathisanten soll es auch zu Beschädigungen der Tonanlage gekommen sein.

Bei TV-Auftritten oder im persönlichen Gespräch, bei Plaudereien an der Basis, gibt sich Hofer stets als umgänglicher, smarter, überlegter Zeitgenosse. Auf der Bühne wandelt er sich zum scharfzüngigen Demagogen.

Nach einigen Aufwärmrunden mit dem FPÖ-Leibthema "Flüchtlinge und Ausländer" und Warnungen vor einer "Invasion von Muslimen" richtet Hofer seine Attacken speziell auf Alexander Van der Bellen, der in allen Umfragen deutlich vorne liegt.

Hofer reibt sich an Van der Bellens Ansage, er würde einen FPÖ-Kanzler nicht angeloben. Hofer schnauzt: "Wir brauchen keine grüne Diktatur, keinen grünen Austrofaschismus." Jubel im Publikum.

Und rasch ist Hofer noch einmal bei den Flüchtlingen: "Wir brauchen eine echten Grenzzaun, jetzt können die die Invasoren ja um den Zaun herumgehen."

Strache hofft auf "politisches Erdbeben"

Obwohl Hofer eigentlich Hauptdarsteller des Wahlkampfauftaktes sein sollte, bleibt er letztlich doch wieder nur die Einbegleitung für seinen Parteichef – der wie üblich mit mords Trara auf die Bühne geholt wird.

Strache hebt die symbolische Bedeutung des Auftaktes hier im obersteirischen Kapfenberg hervor. Kapfenberg habe die "Kraft der FPÖ" gezeigt. Auf 25 Prozent habe die FPÖ zugelegt. Strache hofft auf ein "politisches Erdbeben", das von hier ausgehen könnte. Sollte Hofer Bundespräsident werden, wovon er ausgehe, "wird diese Regierung nicht mehr weitermachen können", glaubt der FPÖ-Chef.

Wie Hofer vor ihm zielt auch Straches Polemik besonders auf Van der Bellen. Dieser sei ja nicht nur "der Ziehvater des linkslinken Peter Pilz", sondern missbrauche jetzt sogar den Begriff Heimat. "Wenn wir von Heimat gesprochen haben, wurden wir beschimpft, jetzt verwendet er den Ausdruck selbst auf seinen Plakaten", beklagt Strache, um seine Stimme in einen höheren Frequenzbereich zu heben: "Die Grünen halten die Bevölkerung wohl für blöd." Van der Bellen sei ein "Marxist und Anarchist", ein "Antidemokrat", wenn er einen FPÖ-Kanzler nicht angeloben wolle. Aber die FPÖ würde in so einem Fall im Parlament ein Absetzungsverfahren gegen den Bundespräsidenten einleiten. Denn seine Partei habe ohnehin Chancen auf eine absolute Mehrheit im Parlament.

"Richtiger Zaun" und "Null-Zuwanderung"

"Österreich braucht keine totalitäre linkslinke Ideologie, sondern einen Schutzherrn für unser geliebtes Vaterland", hebt Strache den blauen Kandidaten Hofer auf den Schild. Dann kommt auch er nochmal und unvermeidlich zur Flüchtlingsfrage zurück.

Was Strache und Hofer ziemlich fuchst ist der Schwenk der Regierung in der Flüchtlingsfrage. Beide klagen fast ein wenig weinerlich: Wir haben es schon immer gesagt und jetzt vor den Wahlen "kratzen ÖVP und SPÖ die Kurve" (Strache). Aber die Wähler würden dem eh nicht auf den Leim gehen, hoffen beide.

Und um sicher zu gehen, haut der FPÖ-Chef noch Mal ordentlich auf den Putz, um zu unterstreichen, wer hier im Land die echte rechte Partei ist: "Es muss ein richtiger Zaun her, die ganzen Grenzen gehören total geschlossen, Null-Zuwanderung."

Frenetischer Jubel, Fahnen werden enthusiastisch geschwenkt, Bundeshymne. (Walter Müller, 2.4.2016)