Tripolis – Mutmaßliche Anhänger des Chefs der libyschen Einheitsregierung, Fayez Seraj (al-Sarraj), haben am Mittwochabend in Tripolis einen TV-Sender gestürmt. Sie hätten die Mitarbeiter von Al-Nabaa mit Waffengewalt gezwungen, den Betrieb einzustellen, so zwei Journalisten des Senders, der der bisherigen, international nicht anerkannten Regierung in Tripolis nahesteht. Verletzt worden sei niemand.

Aufruf von Al-Naaba

Seraj war am Mittwoch in Tripolis eingetroffen, um die von feindlichen Milizen kontrollierte Hauptstadt zum Sitz seiner von der UNO gestützten Regierung zu machen. Der Chef der bisherigen Regierung mit Sitz in Tripolis, Khalifa Ghwell, hatte Seraj umgehend aufgefordert, die Hauptstadt wieder zu verlassen. Dieser Aufruf war von Al-Naaba ausgestrahlt worden.

Appell an Milizen

International wurde die Ankunft Serajs hingegen begrüßt: Der UNO-Sondergesandte für Libyen, Martin Kobler, würdigte dessen "beachtlichen persönlichen Mut" und appellierte an die Milizen, die Macht friedlich an die Einheitsregierung zu übergeben.

Seit dem Sturz des langjährigen Machthabers Muammar al-Gaddafi vor fünf Jahren regiert in Libyen das Chaos. Seit Mitte 2014 stritten sich zwei Regierungen – eine international anerkannte mit Sitz in Tobruk und die nicht anerkannte in Tripolis – um die Macht. Die Jihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) konnte sich durch das Machtvakuum im Land festsetzen.

Übergangszeit von bis zu zwei Jahren

Am 17. Dezember hatten Vertreter der beiden libyschen Regierungen in Marokko schließlich ein von der UNO vermitteltes Abkommen für einen Ausweg aus der Staatskrise unterzeichnet. Der Vertrag sieht eine Einheitsregierung samt dem Präsidialrat für eine Übergangszeit von bis zu zwei Jahren vor. Zudem sollen eine neue Verfassung verabschiedet und Parlamentswahlen abgehalten werden. (APA/AFP, 31.3.2016)