Virginia Raggi könnte Bürgermeisterin Roms werden.

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Zum Ruhm haben 1.764 Stimmen gereicht: So viele Klicks bekam Virginia Raggi bei einer Online-Umfrage auf Beppe Grillos Blog, als sein Movimento 5 Stelle (M5S) im Februar die Spitzenkandidaten für die im Juni anstehenden Kommunalwahlen kürte.

Mit den 1.764 Stimmen in Rom ließ die 37-jährige Rechtsanwältin alle anderen Kandidaten deutlich hinter sich und avancierte damit über Nacht zum neuen Politstar Italiens. Raggi war zuletzt häufiger in Talkshows und Interviewsendungen anzutreffen als Italiens Regierungschef Matteo Renzi – und das will durchaus etwas heißen.

Die Kandidatin von Grillos Protestbewegung hat in allen Umfragen beste Aussichten, den Einzug ins römische Kapitol zu schaffen und so erste Bürgermeisterin der Ewigen Stadt zu werden. Dabei war Raggi noch vor wenigen Wochen den meisten Römern völlig unbekannt gewesen: Sie war zwar 2013 als politischer Neuling für die "Grillini" ins Stadtparlament gewählt worden, erregte dort aber seitdem kaum Aufsehen. Nach den aktuellen Interviews weiß man inzwischen, dass sie verheiratet und Mutter eines dreijährigen Buben ist. Und dass sie früher Renzis sozialdemokratischen Partito Democratico gewählt hat. "Aber angesichts der Skandale, in die der PD in Rom verwickelt ist, schäme ich mich heute dafür."

Die Zivilrechtlerin bewirbt sich für das schwierigste Amt, das in Italien derzeit zu vergeben ist. Rechte und linke Regierungen haben die Stadt heruntergewirtschaftet und zugelassen, dass weite Teile der Verwaltung von der "Mafia Capitale" unterwandert worden sind. "Rom ist verwahrlost und heruntergekommen", betont Raggi und bringt damit die Meinung der meisten Römerinnen und Römer auf den Punkt.

Angesichts der katastrophalen Regierungsbilanz aller traditionellen Parteien in Rom scheint der geplante "Sturm auf das Kapitol" für die Anwältin zum Spaziergang zu werden. Auch in den Talkshows zeigt sie sich eloquent und sattelfest: Drei Jahre gewissenhaftes Dossierstudium im Gemeinderat machen sich nun bezahlt.

Auch Angriffe politischer Gegner kontert sie souverän: Als Raggi von PD-Vertretern vorgeworfen wurde, nach ihrem Studium ein Praktikum in einer Anwaltskanzlei absolviert zu haben, in der auch der verurteilte ehemalige Berlusconi-Anwalt Cesare Previti tätig war, erklärte sie selbstbewusst: "Oh, ich scheine euch ja wirklich Angst zu machen!" (Dominik Straub, 30.3.2016)