Die intensive Reisediplomatie zwischen Wien und Teheran, die nach dem Atomdeal mit Iran und der teilweisen Aufhebung der Wirtschaftssanktionen eingesetzt hat, soll möglichst bald in wirtschaftliche Abschlüsse münden. Das zumindest erhoffen sich viele österreichische Unternehmen. Einige wie die Voest waren in den 1950er-Jahren maßgeblich in den Ausbau der dortigen Infrastruktur involviert.

Mit 78 Millionen Einwohnern ist Iran nur unwesentlich kleiner als Deutschland (82 Millionen), dafür aber deutlich jünger. Der Altersschnitt liegt bei 26,8 Jahren. Weil eine junge Bevölkerung meist mit gesteigerter Konsumfreude korreliert, machen sich auch viele Handelsunternehmen Hoffnung, mit Iran einen idealen Absatzmarkt für ihre Produkte zu bekommen. Zum Vergleich: Österreichs Bevölkerung ist im Durchschnitt 43 Jahre alt, jene Deutschlands 44,9.

Die Kaufkraft der Menschen im Iran ist zwar um einiges niedriger als in Österreich; Appetit machen den potenziellen Investoren aber vor allem die rund 100 Milliarden Dollar (89,5 Milliarden Euro), die das Land Schätzungen zufolge aus Erdölverkäufen auf ausländischen Bankkonten liegen hat. Dieser Schatz war wegen der US- und EU-Sanktionen für Teheran all die Jahre nicht hebbar. Für Österreich war Iran als Öl- und Gaslieferant in früheren Jahren wichtig, hat diese Bedeutung aber zwischenzeitlich eingebüßt.

Großer Nachholbedarf

Investitionsmittel werden im Iran dringend benötigt: Nach fast einem Jahrzehnt im Zeichen von Sanktionen sind rund 80 Prozent der Industrieinfrastruktur veraltet. Die Österreich-Vertretung in Teheran sieht nicht nur im Bereich Maschinen- und Anlagenbau gute Chancen für heimische Firmen; auch bei Energie-, Abfalltechnologien, Schiene, Straße, Tourismus und Freizeitindustrie könne mit starker Nachfrage gerechnet werden. Dies deckt sich teilweise mit den Gütern, die bisher schon exportiert wurden (Grafik).

Österreichs Ausfuhren in den Iran sind 2014 nach Jahren der Rückgänge kräftig gestiegen und dürften 2015 bei gut 220 Millionen Euro gelegen haben. Bis 2020 könnten sich die Exporte aus Österreich Prognosen zufolge auf bis zu 500 Millionen Euro erhöhen.

Unter den potenziell größten Investoren im Iran ist auch die OMV. Der Mineralölkonzern wollte sich vor neun Jahren an der Entwicklung eines riesigen Gasfeldes (South Pars) beteiligen, die Sanktionen vereitelten dies. Nun ist der Konzern eher an Projekten in der Ölförderung interessiert, alles mit Maß und Ziel.

Zuletzt hat die Kontrollbank vor zu viel Euphorie gewarnt. Iran schwimme nicht in Geld und habe nach den vielen Jahren der Sanktionen Riesenprobleme.

Iran ist nicht nur Reiseziel von Staatsoberhäuptern und Ministern wie zuletzt André Rupprechter, der Anfang März österreichischer Umwelttechnologie den Weg ebnen wollte; auch in Katalogen diverser Reiseveranstalter ist Iran wieder ein Fixpunkt. Tui hat über Spezialanbieter wie Gebeco und Dr. Tigges Iranrundreisen im Angebot, und auch das Verkehrsbüro forciert Iranreisen. (Günther Strobl, 29.3.2016)