Die Vetodrohung Kroatiens gegenüber Serbien hat einen miesen Beigeschmack. Wenn es Zagreb um Inhalte gehen würde, hätte man bereits im Vorfeld mit der EU-Kommission die Forderungen in den Verhandlungsprozess einfließen lassen können. Doch dass Zagreb ausgerechnet jetzt damit droht, die Eröffnung des Kapitels 23 (Justiz und Grundrechte) zu blockieren, hat wohl eher damit zu tun, dass man damit innenpolitisch punkten will.

Vergangenen Sommer haben sich die EU-Aspiranten in Wien wechselseitig zugesichert, einander auf dem Weg in die Union nicht zu blockieren. Kroatien tat dies nicht, weil es bereits in der EU ist. Das Land wurde selbst von Slowenien blockiert. Die üble Praxis geht also weiter. Inhaltlich betrachtet, sind die Forderungen aus Zagreb aber legitim. Es geht darum, dass sich die serbische Justiz in Angelegenheiten der Nachbarn einmischt.

Die Reaktionen auf das Urteil gegen Radovan Karadzic, das sich nur auf bosnische Politik bezog, sorgte im Nachbarland Serbien für Aufwallungen – und das, obwohl Serbien laut eigener Lesart ja gar nicht im Bosnienkrieg involviert war. Die Emotionen offenbaren, dass man sich nach wie vor mit dem bosnischen Landesteil Republika Srpska und der früheren Politik identifiziert. Dabei gäbe es nichts Besseres für die Gesellschaften in den Ländern Exjugoslawiens, wenn die Staaten einander respektierten, sich nicht einmischten und sich endlich in Ruhe ließen. (Adelheid Wölfl, 29.3.2016)