Athen – Der Zustrom von Migranten und Flüchtlingen aus der Türkei nach Griechenland nimmt weiter deutlich ab. Binnen 24 Stunden hätten nur 78 Menschen von der türkischen Küste aus zu den griechischen Ostägäis-Inseln übergesetzt, teilte der griechische Flüchtlingskrisenstab am Samstag mit. In den 24 Stunden davor seien 161 Menschen angekommen.
Der Krisenstab schätzte die Gesamtzahl der Migranten in Griechenland auf inzwischen gut 50.200 – davon etwa 11.600 im Lager Idomeni an der Grenze zu Mazedonien.
Die sogenannte Balkanroute ist nach Grenzschließungen seit einiger Zeit weitgehend dicht. Nach dem EU-Türkei-Flüchtlingspakt soll vom 4. April an die Rückführung von Migranten in die Türkei beginnen. Die Übereinkunft sieht vor, dass alle Flüchtlinge, die nach dem 20. März illegal von der Türkei nach Griechenland übergesetzt sind, dann zwangsweise zurückgebracht werden können. Vorher haben die Migranten jedoch das Recht auf eine Einzelfallprüfung in Griechenland.
Weniger Ankünfte in Deutschland
Auch die Zahl der in Deutschland ankommenden Migranten geht der "Bild"-Zeitung zufolge weiter zurück. Vom 18. bis zum 23. März habe die Bundespolizei demnach insgesamt 808 Flüchtlinge und somit pro Tag durchschnittlich 135 Menschen aufgegriffen.
Insgesamt zählte die deutsche Bundespolizei dem Bericht zufolge vom Jahresbeginn bis zum Mittwoch fast 109.000 eingereiste Migranten. Sollte es bei ähnlichen Zahlen bleiben, wäre bis zum Jahresende insgesamt knapp eine halbe Million Menschen in Deutschland zu erwarten.
Griechenland schob 71 Menschen in Türkei ab
Die Türkei hat unterdessen erneut eine größere Zahl von Migranten aus Griechenland zurückgenommen. Griechenland schob am Freitag insgesamt 71 Menschen ab, die illegal eingereist waren – 69 aus Pakistan und zwei aus Bangladesch. Dies teilte am Samstag das Bürgerschutzministerium mit.
Seit Jahresbeginn wurden nach Angaben der Behörde damit 766 Migranten in die Türkei ausgewiesen. Dabei handle es sich um 295 Menschen aus Pakistan, 33 aus Bangladesch, 268 aus Marokko, 144 aus Algerien und vier aus Tunesien.
Griechenland und die Türkei haben vor 14 Jahren ein bilaterales Rückführungsabkommen unterzeichnet. Die Regierungschefs beider Staaten, Alexis Tsipras und Ahmet Davutoglu, hatten das Abkommen bei ihrem jüngsten Treffen Anfang des Monats in Izmir neu belebt.
Übersetzer erwartet
Nach Informationen aus Regierungskreisen in Athen werden in den kommenden Tagen dringend benötigte Asylexperten, Übersetzer und Sicherheitsleute aus der EU erwartet. Bis Samstag waren jedoch erst sehr wenige der rund 2.300 versprochenen EU-Helfer in Griechenland eingetroffen.
Auf der Insel Lesbos, wo die meisten Migranten aus der Türkei ankommen, sind inzwischen 17 Asylexperten aus den Niederlanden angekommen, wie das staatliche Fernsehen ERT am Samstag berichtete. Allein auf Lesbos müssen nach Angaben des Krisenstabes mehr als 2.600 Fälle bearbeitet werden, auf der Insel Chios warten rund 1.300 Menschen.
"Die Zeit drängt. Wie will man bis zum 4. April Hunderte, wenn nicht Tausende Asylanträge bearbeiten", fragte ein Offizier der Küstenwache aus der Insel Chios am Samstag.
Von Idomeni ins Landesinnere
Athen versucht inzwischen, die Flüchtlinge im Elendslager von Idomeni an der griechisch-mazedonischen Grenze dazu zu bringen, sich mit Bussen auf Kosten des Staates in organisierte Lager im Landesinneren bringen zu lassen. Rund 600 Migranten seien seit Freitag aus dem verschlammten provisorischen Lager abgereist, hieß es. Vor allem Familien zeigen inzwischen Interesse abzureisen, sagten Mitarbeiter humanitärer Organisationen der Deutschen Presse-Agentur. An eine Zwangsräumung denkt die Regierung in Athen nicht, hieß es.
Ein anderes Problem gibt es in Piräus. Dort haben sich mittlerweile rund 4.000 Migranten versammelt, die von den Inseln gekommen sind und immer noch hoffen, nach Zentraleuropa ausreisen zu dürfen. Entlang der Kaimauer und in Lagerräumen haben Migranten Zelte aufgeschlagen, wie das Fernsehen zeigte. "Wir haben viele Menschen, die vor allem unter Atemwegsbeschwerden leiden", sagte eine Sprecherin der Organisation Ärzte ohne Grenzen im griechischen fernsehen.
Der Sprecher des Krisenstabes, Giorgos Kyritsis, sagte am Freitag im griechischen Fernsehen, Athen werde in den kommenden 20 Tagen 30.000 neue Plätze für Migranten in Aufnahmelagern bereitstellen. (APA, 26.3.2016)