Wien – Anton Tschechows "Drei Schwestern" zieht es bekanntlich aus der Provinz heim nach Moskau. Regisseur David Bösch hat sie sicherheitshalber in einer Art Feldlager untergebracht. Im Wiener Burgtheater steht, fest vertäut und angepflockt, ein Normhaus mit Plastikfolien an den Wänden (Ausstattung: Harald B. Thor). Jeder gröbere Windstoß könnte diese Gesellschaft von Schwätzern wegpusten. Und doch passieren während der ersten beiden Akte viele kleine Wunder: Nach ein wenig statischem Beginn beginnen die Figuren vor schwarzem, gleichsam galligem Hintergrund zu flimmern und zu leuchten.

Rund um ein Pianino lagern sich lauter liebenswürdige Stiefkinder des Lebensglücks – voran die titelgebenden Damen, unter denen der lasziv-zynischen Mascha (Aenne Schwarz) die Palme gebührt. Der Bruder liefert ein Kabinettstück der Lebensuntüchtigkeit (Philipp Hauß). Die anwesenden Soldaten und Schmeichler bilden eine vielschichtige, delikat inszenierte Gesellschaft, deren Mitglieder sich rhetorisch verheben, indem sie nach dem Sinn des Lebens suchen – und in ein "Blablabla" verfallen, das sie honigsüß singen.

Viele stimmige Details ergeben ein Regiekonzept, das Tschechow vertraut und die Figuren nicht nur zu lieben vorgibt, sondern ihnen zuhört. Ein Glücksfall. (poh, 24.3.2016)