Wien – Er war selbst in Côte d'Ivoire, er habe gesehen, unter welchen Bedingungen Kakao angebaut werde, sagt Walter Heindl. Und nach dieser Erfahrung zahle er gern sieben, acht Prozent mehr für faire Produktion. "Wir haben die moralische Verpflichtung dazu." Der Chocolatier stellte seinen Wiener Betrieb schon vor Jahren auf fairen Handel um. Doch von den Preiskapriolen der internationalen Kakaomärkte kann auch er sich nicht abkoppeln.
Gut 3150 Dollar kostet die Tonne der braunen Bohne derzeit, vor wenigen Tagen waren es 3300 Dollar, bald sollen es, Prognosen zufolge, 3600 Dollar sein. Er kenne diese Branche nun seit 40 Jahren, sagt Heindl, aber vieles sei nicht mehr erklärbar. Fest steht: Der Bedarf an Kakao übersteigt das Angebot. Die Preise dafür schnalzten in den vergangenen vier Jahren um 40 Prozent nach oben. Das Einkommen regionaler Bauern spiegeln sie dennoch nicht wider.
70 Prozent der Bohnen wachsen in Ghana und Côte d'Ivoire. Kinderarbeit ist weitverbreitet, viele Kleinbauern können sich erwachsene Kräfte nicht leisten. Kinder leisten in der Folge schwere körperliche Arbeit, leiden unter Belastungen durch massiven Pestizideinsatz und versäumen die Schule.
Angst vor Verknappung
Große Konzerne wie Nestlé versprechen, Ausbeutung auf Plantagen zu reduzieren. Nicht zuletzt aus eigenem Interesse: Angst geht um, dass sich ihr wichtiger Rohstoff weltweit verknappt. Rezepte, um den Teufelskreis der Armut zu durchbrechen fehlen jedoch.
Auch Stefan Rößler, Analyst der Erste Asset Management, sieht die Schwächen des Kakaoanbaus in niedrigen Umwelt-, Sozial-, und Arbeitsstandards. Zwar gebe es erste Ansätze für Verbesserungen, sagt er, doch es hapere bei der Umsetzung. Nur in höhere Produktivität zu investieren sei einseitig. Es brauche nachhaltigen Anbau.
Aus Rößlers Sicht müsste sich der Kakaopreis einmal mehr verdoppeln, um die Bauern angemessen entlohnen zu können. Heindl hat da seine Zweifel: "Es wäre viel gewonnen, wenn das, was schon jetzt bezahlt wird, nicht bei den Investoren, sondern den Landwirten landet." Die Spekulation auf Rohstoffe sei das eigentliche Übel.
Rößler macht den stärkeren Hebel bei Produzenten in Westafrika aus: Diese müssten sich besser unter einem Dach organisieren. Bei der Vielzahl an Bauern kein leichtes Unterfangen. Ihnen gegenüber stehen weniger als zehn internationale Konzerne, die die Ernte unter sich aufteilen.
Unterm Strich blieben nur zwei Möglichkeiten, sagt Rößler: "Entweder die Unternehmen verzichten auf Gewinnspannen, oder die Konsumenten zahlen mehr."
Fast neun Kilo Schokolade konsumiert ein Österreicher im Jahr im Schnitt. Rund um Ostern überbieten sich Lebensmittelhändler mit Aktionspreisen. (Verena Kainrath, 26.3.2016)