Wien – Also sprach der Finanzminister (auf der Suche nach Einnahmen): Schluss mit der Steuertrickserei in Gastronomie, Gewerbe und anderen Berufsgruppen, her mit der Registrierkassenpflicht. Es erhob sich großes Geschrei im Land. Doch alles Wehklagen – bis zum Verfassungsgericht – umsonst. Der Gesetzeskadi befand: Dieses Gebot ist "dazu geeignet, Manipulationsmöglichkeiten zu reduzieren und damit Steuerhinterziehung zu vermeiden".

Die Aufregung um die Einführung der Registrierkassenpflicht kann retrospektiv erstaunen: War es doch ein Gastwirt, der einst die Idee zu diesen Dingern hatte. 1871 eröffnete James Ritty in Dayton, Ohio, seinen ersten Saloon. Obwohl das Geschäft florierte, fielen die Einnahmen oft mäßig aus. Aus einem simplen Grund: Gezahlt wurde bar an der Bar, das Geld verschwand sodann in eine leicht zugängliche Kassenschublade oder in die Taschen des Personals.

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Dröhnend schallt das Wort "Registrierkassenpflicht" durch die Lande und jagt so mancher Berufsgruppe einen Schauer über den Rücken. Retrospektiv betrachtet, lässt dies staunen.

Ritty soll diese nicht zu bändigende Unterschlagung dermaßen zugesetzt haben, dass er einen Zusammenbruch erlitt, von dem er sich auf einer Schiffsreise nach Europa erholen wollte. Doch auch an Bord beschäftigte ihn die Suche nach einem "incorruptible cashier", einem unbestechlichen Kassier – der kein Mensch, sondern eine Maschine sein müsste. Die Idee dazu soll ihm schließlich auf hoher See beim Anblick des Umdrehungszählers einer Dampfmaschine gekommen sein.

Klingelnde Kassen

Zurück in den USA, machte er sich mit seinem Bruder John ans Werk. 1879 meldeten sie das erste US-Patent für ein "cash register" unter der Bezeichnung "Ritty's Incorruptible Cashier" an. Die ersten Modelle, die keine Marktreife erlangten, funktionierten mit zweireihigen Metalltasten, die nach dem Drücken, zunächst auf einer darüber angebrachten Scheibe, dann auf einem Kasten mit Sichtfeldern, die eingegebenen Beträge als auch die Summe Kassier und Kunden anzeigten.

Die entscheidende Weiterentwicklung brachte der Einbau einer Papierrolle, auf der spitze, auf den Tasten angebrachte Nadeln dem Umsatz entsprechende Markierungen hinterließen. Um akustisch zu signalisieren, dass eine Zahlung im Gange war, waren schon die ersten Maschinen der Rittys mit jenen Klingeltönen ausgestattet, die Rockfans aus dem Pink-Floyd-Song Money kennen – "Ka-Tsching".

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Holz, Eisen oder Gold und schmuck anzusehen: Die Registrierkasse kam schon in vielerlei Gewand daher und weckt heute so manche Begehrlichkeit.

Doch großer Absatz war ihnen nicht beschieden. 1883 verkauften die Rittys ihren kleinen Betrieb samt allen Patentrechten für 1000 Dollar an Jacob Eckert. Aufzeichnungen auf der Homepage ncr.org.uk zufolge fügten der Geschirrhändler aus Cincinnati und sein Kompagnon John Birch der Ritty-Registrierkasse noch eine Schublade zum Aufbewahren der Geldscheine und Münzen hinzu, die erst nach dem Drehen einer Kurbel lautstark aufsprang.

Seine Kassen mit Kassen so richtig zum Klingeln zu bringen – dies sollte allerdings erst John H. Patterson gelingen, der kurz darauf Eckerts Firma für 6500 Dollar aufkaufte und 1884 die National Cash Register Company (NCR) gründete.

Patterson trieb die Entwicklung voran. 1892 stellte er eine Kasse vor, die nicht nur den Geldeingang vermerkte, sondern zudem eine Quittung herausgab. Auch wenn zu dieser Zeit bereits andere Firmen den wachsenden Markt für Registrierkassen erkannt hatten – Patterson gelang es durch gezielte Zukaufpolitik, seine Konkurrenz aus dem Weg zu räumen. Andere, wie Heintz Cash Register, erledigte er gerichtlich. Die Firma hatte eine Registrierkasse entwickelt, bei der statt des markanten Klingeltons ein herausspringender Kuckuck schrie. Eine Patentklage brachte den Vogel zum Schweigen. 1906 entwickelte John Kettering für NCR das erste Gerät mit elektrischem Motor.

Zeitgeist im edlen Design

Um die Wende zum 20. Jahrhundert beherrschte NCR jedenfalls 95 Prozent des amerikanischen Marktes. Von 1884 bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs wurden hier mehr als 1,5 Millionen Registrierkassen produziert, der Großteil davon aus Pattersons Fabrik. Hergestellt wurden sowohl einfache Standardmodelle wie die NCR 422 als auch Anfertigungen nach Kundengeschmack. Sie waren mit Edelholz-, Eisen-, Messing-, Bronze-, Silber- oder Goldverkleidung, Gehäuse, Tasten, Register, Drehkurbeln und Zahlen erhältlich sowie im jeweiligen epochentypischen Design gestaltet.

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Schönheit zeitloser Eleganz: Bis zu 3000 Dollar sind Sammler heute bereit, für die blechernen und scheppernden Objekte aus alter Zeit hinzulegen.

Der technische Fortschritt in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts ließ schließlich auch die wohlklingenden Maschinen alt aussehen. Ende der 70er-Jahre begannen Scannerkassen, die Geschäfte zu erobern. Doch angesichts ihres schmucken Aussehens wundert es nicht, dass alte Registrierkassen zum Sammelobjekt geworden sind. Besonders in den USA sind sie stark nachgefragt. Spezielle antike Kassen erreichen Preise von bis zu 3000 Dollar. Auch im deutschsprachigen Gebiet gibt es einen kleinen Sammlermarkt, in dessen Fokus neben NCR alte Kassen der Anker-Werke oder von Krupp-National stehen.

Für alle jene, die aufgrund der Vorschriften der österreichischen Registrierkassenpflicht verärgert meinen, ihre derzeitige Kassenlösung nurmehr der Altstoffsammlung zuführen zu können, daher ein tröstender Rat: aufbewahren. Denn wenn wir dereinst vielleicht lediglich mit Chip im Ohr zahlen, könnten die Dinger für Sammler interessant werden. (Karin Tzschentke, 27.3.2016)