Die Wohnhäuser im neuen Stadtteil in Wien-Aspern sollen laut Bezirksvorsteher Ernst Nevrivy (SPÖ) tunlichst ohne "Schlafstätten im Erdgeschoß bleiben".

Foto: Christian Fischer

Wien – Im Sommer vorigen Jahres hat die Stadt Wien noch unter großer medialer Beachtung 300 minderjährige Flüchtlinge aus Traiskirchen in stadteigenen Einrichtungen aufgenommen. Ein Dreivierteljahr später sieht die Lage für diese jungen Menschen nicht mehr ganz so rosig aus – vor allem, wenn sie über 18, also keine "UMF" (unbegleitete minderjährige Flüchtlinge) mehr sind – und männlich. So geschehen kürzlich in der Seestadt Aspern.

Der gemeinnützige Wohnbauträger EBG, der in der Seestadt Wohnungen baut und verwaltet, bot der Stadt ein leerstehendes Erdgeschoßlokal an, mit dem Vorschlag, dort rund 20 junge Flüchtlinge, die gerade aus der "Minderjährigen"-Betreuung herausgefallen sind, temporär unterzubringen. Die Geschäftsleitung besprach sich mit der Caritas, die das Projekt betreut hätte, und auch bereits mit dem Quartiersmanagement, um größtmögliche Transparenz und Information von Anrainern zu gewährleisten.

Allein: Die zuständige Wien 3420 Aspern Development AG, eine Tochtergesellschaft der Wirtschaftsagentur Wien und der Bundesimmobiliengesellschaft, untersagte die Nutzung. Was man bei EBG nicht ganz verstehen kann. Geschäftsführer Martin Orner: "Man hat uns gesagt, diese Art von Nutzung sei mit einer qualitätsvollen Nahversorgung nicht in Einklang zu bringen." Dabei, so Orner, liege man nicht einmal in der für die Nahversorgung vorgesehenen "Kernzone".

Kein temporäres Wohnen

Bei der Caritas reagiert man etwas diplomatischer: Ja, man hätte das Projekt betreut – aber man verstehe und respektiere das Argument, dass die Örtlichkeit für temporäres Wohnen nicht wirklich geeignet sei.

Dahinter dürfte freilich mehr stecken, vor allem eine starke Opposition vonseiten des Bezirks. Immer wieder stößt die offene Flüchtlingspolitik von Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) zuletzt auf Widerstand bei roten Bezirksfunktionären.

Auch bei dem geplanten Flüchtlingsheim in Wien-Liesing beklagte Bezirksvorsteher Gerald Bischof (SPÖ), dass man kein Mitspracherecht gehabt habe. Bischof machte kein Hehl daraus, dass er "kein gutes Gefühl dabei" habe, wenn 1.000 Flüchtlinge in "seinem" Bezirk untergebracht werden.

"Nicht gefragt worden"

In der Seestadt Aspern, Teil des 22. Wiener Gemeindebezirks Donaustadt, geht es um eine wesentlich geringere Anzahl. Dennoch sagt Bezirksvorsteher Ernst Nevrivy (SPÖ): "Ich bin nicht gefragt worden. Aber ich wäre dagegen gewesen." Nevrivy argumentiert rein stadtplanerisch: "Wir bauen hier eine Stadt in der Stadt für insgesamt 10.500 Menschen, da will ich keine Schlafstätten im Erdgeschoß." Nicht einmal temporär wolle er das akzeptieren, denn: "Wenn ich einmal Ja sage, wollen das alle haben, weil es finanziell lukrativer wäre." Die Wohnbauträger seien gefordert, Geschäfte für die Nahversorgung in den Erdgeschoßen unterzubringen.

Auf Nachfrage räumt der SPÖ-Mann allerdings ein: "Ein Massenquartier für Flüchtlinge würde ich in der Seestadt nicht akzeptieren." Er könne sich maximal vorstellen, "einzelne Familien unterzubringen". (Petra Stuiber, 23.3.2016)