Erebochlora apiciflava, ein Vertreter der Familie der Spanner, beim Saugen von Blütennektar.

Foto: Florian Bodner

Die dekorative Art Piteyea histrionaria wurde im Zuge der neuen Studie identifiziert.

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Blick auf die artenreiche Landschaft in Südecuador.

Foto: Florian Bodner

Jena/Wien – Die Bergregenwälder Ecuadors gelten als Hotspot der Artenvielfalt. Die "Inventur" einer Schmetterlingsfamilie (Geometridae) zeigt nun, dass die Vielfalt dieser auch Spanner genannten Insekten sogar noch größer ist als angenommen. Die Analysen der Erbinformation von gesammelten Exemplaren ergab 1.857 verschiedene Arten, rund 80 Prozent mehr als bisher bekannt, wie ein internationales Forscherteam, darunter Wiener Biodiversitätsforscher, im Fachjournal "Plos One" berichtet.

Mit weltweit rund 26.000 Arten sind die Spanner eine der größten Schmetterlingsfamilien, das Gros davon ist nachtaktiv. Die Wissenschafter um Gunnar Brehm von der Universität Jena haben in einem nur 25 Quadratmeter großen Gebiet im Süden Ecuadors in Bergregenwäldern zwischen 1.000 und 3.000 Metern Seehöhe Spanner gesammelt und bestimmt.

Eindeutige Gensequenzen

Sie nutzten dazu sogenannte DNA-Barcodes, eine definierte Region in der mitochondrialen Erbinformation der Falter, die als eindeutige Kennzeichen für die Artbestimmung genutzt werden kann. So können auch ähnlich aussehende und nah verwandte Arten schnell und zuverlässig unterschieden werden.

Bei auf herkömmlichen Methoden fußenden Erhebungen wurden bisher nur knapp über 1.000 verschiedene Arten in der Region gefunden. Die Forscher gehen davon aus, dass die nun identifizierten 1.857 Arten noch gar nicht die gesamte Vielfalt zeigen: Sie schätzen, dass dort mindestens 2.350 verschiedenen Spanner-Arten leben.

Zum Vergleich: In ganz Europa gibt es weniger als 1.000 Spanner-Arten. Und selbst aus den für ihre Biodiversität bekannten Regenwäldern Borneos, der drittgrößten Insel der Welt, kennt man nur rund 1.100 Spanner-Arten.

Allerdings gründen die letztgenannte Zahlen auf den üblichen Methoden der Artbestimmung nach Körpermerkmalen, wie Konrad Fiedler vom Department für Botanik und Biodiversitätsforschung der Universität Wien sagte. Erst die Erbgutanalyse ermöglichte die sichere Abgrenzung von Arten. Seinen Angaben zufolge ist "ein ganz großer Teil der nun gefundenen Schmetterlingsarten formal noch nicht beschrieben, das wird noch Jahre in Anspruch nehmen, bis das geschehen ist".

Diversität in Hochlagen

Überraschend war für die Wissenschafter, dass sich die Artenvielfalt der Spanner zwischen den verschiedenen Höhenlagen kaum unterschied, erst ab etwa 2.800 Metern kam es zu einem leichten Rückgang der Biodiversität. Üblicherweise nimmt die Artenvielfalt von Tiergruppen mit zunehmender Höhe sehr deutlich ab.

Ebenso verblüffend war, dass fast alle Spannerarten jeweils nur in eng begrenzten Höhen-Abschnitten vorkommen. "In den Alpen hingegen findet man viele Nachtfalter-Arten von den Tallagen in 600 Metern Höhe bis zur Baumgrenze in 2.000 Metern Höhe", so Fiedler.

Solche "Inventuren" sind auch ein Wettlauf gegen die Zeit: Prognosen gehen davon aus, dass in den kommenden zwei Jahrhunderten rund die Hälfte aller Arten aussterben wird, da Klimawandel und Abholzung ihre Lebensräume zerstören. "Dies gilt ganz besonders für die Bergregenwälder der Anden", sagte Fiedler. So habe Ecuador die immer noch höchste Entwaldungsrate aller Länder Südamerikas, verursacht vor allem durch Brandrodungen. (APA, red, 22.3.2016)